Hochgesichertes Denkmal

Justizsenator Roger Kusch eröffnet (CDU) neuen Mammutknast in Billwerder. Seine Fraktion stärkt ihm den Rücken: „Wir begrüßen den modernen Strafvollzug“

Die Justizpolitik von Senator Roger Kusch (CDU) kommt Hamburg teuer zu stehen: 57,89 Euro gibt die Stadt alljährlich pro Einwohner für den Strafvollzug aus, während es etwa in Berlin nur 45,20 Euro, in Schleswig-Holstein sogar nur 19,25 Euro sind.

Kusch sieht dadurch den Beweis erbracht, dass die hiesigen Gefängnisse keinesfalls, wie er sich oft vorhalten lassen muss, „mittelalterlich“ seien: „Da hier die Türschlösser- und griffe auch nicht teurer sind als anderswo“, konstatierte er gestern, sei offenkundig, dass in Hamburg „jeder zusätzliche Euro in die Resozialisierung der Gefangenen fließt“.

Mit diesen Worten eröffnete er die neue Justizvollzugsanstalt Billwerder (JVA) – ein Hochsicherheitsgefängnis. Die frühere rot-grüne Regierung hatte geplant, auf dem Areal eine offene Anstalt zu bauen und Gefangene schrittweise an das Leben in Freiheit heranzuführen.

Dass Hamburg sich den Strafvollzug „mehr kosten lässt als andere Länder“, ist auch anders zu interpretieren, als Kusch es tut. Die Haftkosten sind besonders hoch, weil es hier dank des CDU-Senators fast nur noch Zellen im geschlossenen Vollzug gibt – und die sind sehr viel teurer als Haftplätze in weniger gesicherten offenen Anstalten.

Kusch hat die Plätze für Insassen, die das Gefängnis tagsüber verlassen können, von 651 auf 178 reduziert und im Gegenzug in Billwerder 803 hochgesicherte Zellen errichtet. Mit diesem Mammutknast, spottete gestern der SPD-Rechtsexperte Rolf-Dieter Klooß, habe Kusch „sich selbst ein Denkmal gesetzt“.

Nach den Alleingängen des Senators, mit denen er vorige Woche gar die eigene Fraktion gegen sich aufgebracht hatte, sah die sich gestern veranlasst mitzuteilen, dass sie die Eröffnung der neuen JVA „ausdrücklich begrüßt“. Für 32 Millionen Euro seien in 800 „modernste Haftplätze“ entstanden.

Dass Billwerder eine „moderne“ Strafanstalt sein soll, ist jedoch allenfalls am blauen Linoleumboden der Flure und den unbeschmierten Zellenwänden zu erkennen. Ansonsten gibt es kein Fenster, aus dem man nicht auf mindestens drei Drahtzäune und die dahinter liegende sechs Meter hohe Mauer blickt. Es gibt auf dem 200 Hektar großen Gelände nicht einen Baum.

Auf der „Arreststation“ können die Gefangenen nicht einmal unbeobachtet zur Toilette gehen und der ursprünglich geplante große Sportplatz wurde nicht angelegt, weil Senator Kusch diese Fläche für eine eventuelle Aufstockung der Zellenzahl freihalten will. Der frühere Strafgefangene Jens S., der mehrere Jahre im Fuhlsbütteler Gefängnis „Santa Fu“ inhaftiert war, sagte gestern der taz: „Vom Prinzip her hat sich hier nichts geändert, es sieht nur besser aus.“ Elke Spanner