Australier schmierten das Saddam-Regime

Eine Untersuchung um Schmiergeldzahlungen für Weizenlieferungen an das Regime von Saddam Hussein einschließlich des Bruchs von UN-Sanktionen bereitet der konservativen Regierung in Canberra Kopfzerbrechen

Premierminister Howard bestreitet, von den Machenschaften gewusst zu haben

CANBERRA taz ■ Der einst staatliche australische Weizenexportmonopolist Australian Wheat Board (AWB) hat jahrelang Schmiergelder an das Regime von Saddam Hussein gezahlt. Wie im Rahmen einer Untersuchung in Sydney bekannt wurde, hat das Unternehmen bewusst Sanktionsvorschriften der Vereinten Nationen umgangen und dem Regime des irakischen Exdiktators umgerechnet 186 Millionen Euro zufließen lassen.

Wie AWB-Angestellte inzwischen bestätigten, kanalisierte die Firma die illegalen Gelder als „Transportkosten“ über das Konto einer jordanischen Firma nach Bagdad, um sich so Lieferverträge für Getreide in Milliardenhöhe zu sichern. Das Unternehmen umging damit die von der UNO nach dem zweiten Golfkrieg 1991 gegen das irakische Regime verhängten Sanktionen. AWB ist der 1999 privatisierte Exportarm der australischen Weizenindustrie. Der Irak ist drittgrößter Absatzmarkt für australisches Getreide.

Die konservative Regierung von Premierminister John Howard, die mit mehreren hundert Soldaten seit Beginn an der amerikanisch-britischen Irakinvasion teilnimmt, bestreitet vehement, von den AWB-Schmiergeldzahlungen gewusst zu haben. Außenminister Alexander Downer kritisierte einen Vertreter der US-Landwirtschaftsindustrie als „erklärten Feind unserer Weizenproduzenten“. Die Getreidebauern der USA, Kanadas und Australiens sind in vielen Exportmärkten harte Konkurrenten. US-Vertreter warfen AWB schon vor Jahren vor, für Irakgeschäfte Schmiergelder zu zahlen.

Die Aussagen einer wachsenden Zahl AWB-Mitarbeiter lassen darauf schließen, dass zumindest Australiens Außenministerium von der Schmiergeldpraxis wusste. Die Untersuchung in Sydney war als Antwort auf den so genannten Volcker-Bericht der Vereinten Nationen eingeleitet worden. Der Bericht warf AWB vor, das von der UNO 1996 eingeleitete „Öl für Nahrungsmittel“-Programm mit Bestechungszahlungen an das irakische Regime umgangen zu haben.

Fast jeden Tag gibt es in Sydney neue Enthüllungen. Gestern wurde bekannt, dass die Howard-Regierung bereits im Juli 2003 von der UNO gewarnt worden sei. AWB solle die Preise für Weizenlieferungen nach Irak reduzieren, weil ein Teil der Beträge Schmiergelder seien, so die Organisation.

Letzte Woche beschloss der Untersuchungsvorsitzende, seine Nachforschungen auf den globalen Rohstoffkonzern BHP Billiton auszuweiten. Premierminister Howard lehnt dagegen eine Ausdehnung der Untersuchung auf Beamte und die Regierung strikt ab.

Der Skandal bereitet Howard zunehmend Kopfzerbrechen. Die oppositionelle Labor-Partei versucht, aus dem Skandal Kapital zu schlagen, und hat angekündigt, im Parlament den Druck auf die Regierung zu verstärken. Einzelne Beobachter in Canberra meinen, es sei unwahrscheinlich, dass der Premierminister nicht zumindest indirekt von der Praxis der Schmiergeldzahlungen wusste. Nicht nur hatte er das Management von AWB selbst ernannt. Der Regierungschef ist dafür bekannt, dass er über die Geschäfte wichtiger Institutionen bis ins Detail informiert sein will. URS WÄLTERLIN