Obama will die Rebellen ausrüsten

USA/SYRIEN Ganz allmählich wird die politische Führung in Washington in den Bürgerkrieg in Syrien hineingezogen. Die militärischen Vorbereitungen laufen auf breiter Front. Kritik aus Moskau und der EU

AUS WASHINGTON DOROTHEA HAHN

Die angekündigten US-Waffenlieferungen nach Syrien spalten die internationale Gemeinschaft tief. Während der CIA den Transport und die Übergabe der Militärhilfe an die Rebellen vorbereitet, bezweifeln sowohl die politische Spitze in Moskau als auch die UN die Aussagekraft der Analyse über den Einsatz von Chemiewaffen in Syrien. Wladimir Putin nennt die Analyse „nicht beweiskräftig“. Sein Außenminister Sergei Lawrow bemängelt, dass die Entnahme und der Transport der Proben, die den Einsatz von Chemiewaffen belegen sollen, nicht nach den internationalen Regeln erfolgt sei. Und UN-Generalsekretär Ban Ki Moon spricht am Samstag weiterhin von einem „angeblichen Einsatz von Chemiewaffen“. Zudem versichert der UN-Chef, dass es keine militärische Lösung in dem Konflikt in Syrien geben könne. In Schweden warnt Außenminister Carl Bildt vor einem Rüstungswettlauf: „Es besteht das Risiko, dass er die Bedingungen für den politischen Prozess zerstört“, sagte er.

Der Chef der syrischen Rebellen hingegen freut sich über die lang erhoffte Kehrtwende in Washington. General Selim Idriss, der vor elf Monaten von der syrischen Armee zu den Rebellen übergewechselt ist, sagt jedoch, die Waffenhilfe komme spät. Und verlangt wie schon zuvor, dass Washington nicht nur Schusswaffen und Munition, sondern auch Panzer- und Flugzeugabwehrraketen liefert. Wenn sie diese Waffen erhielten, könnten die Rebellen binnen sechs Monaten siegen, meint Idriss. Noch vor drei Monaten hatte er in einem Interview versichert, mit tragbaren Abwehrraketen könnten seine Leute „binnen einem Monat“ siegen. Damals hatte er die Zahl seiner Kämpfer mit 300.000 angegeben. Die US-Spitze geht davon aus, dass in Syrien 70.000 Rebellen unter Waffen stehen. In den vergangenen Wochen haben die Rebellen zahlreiche Positionen verloren wie die Stadt Kusair an der libanesisch-syrischen Grenze.

Experten in Washington vermuten, dass die USA auch ihre Opposition gegen die Lieferung schwereren Kriegsgerätes aus verschiedenen Golfstaaten an die Rebellen aufgeben könnten. Damit könnten regionale Partner der USA – darunter Katar, die Arabischen Emirate und Saudi-Arabien – stellvertretend Kriegsgerät an die Rebellen liefern.

Die USA beteiligen sich gegenwärtig an dem Militärmanöver „Eager Lion“ in Jordanien. Die insgesamt 8.000 ausländischen Soldaten stammen aus 19 Ländern. Neben anderen Nato-Mitgliedern und mehreren Golfstaaten ist auch Deutschland beteiligt. Nach dem Ende des Manövers wollen die USA ihre F-16-Kampfflugzeuge und Patriot-Raketen in Jordanien belassen.

Schon seit vergangenem Jahr unterhalten die USA eine „Task Force“ in einer Militärbasis im Norden des Landes, nur 50 Kilometer von der syrischen Grenze entfernt. Unter anderem soll die „Task Force“ syrische Rebellen militärisch schulen. Die „Task Force“ war laut New York Times im vergangenen Jahr auch an der Entwicklung von Plänen für die Einrichtung einer Pufferzone entlang der syrisch-jordanischen Grenze beteiligt.

Die öffentliche Meinung in den USA ist gegen einen neuen Kriegseinsatz. Und Präsident Barack Obama hat sich seit Beginn des Konflikts in Syrien 27 Monate lang öffentlich geweigert, direkt einzugreifen. Doch eine wachsende Lobby in Washington drängt laut auf Waffenlieferungen und die Einrichtung einer Flugverbotszone. Ende Mai besuchte der republikanische Expräsidentschaftskandidat John McCain den syrischen Rebellenchef Idriss persönlich. Dienstag vergangener Woche schwenkte auch der demokratische Expräsident Bill Clinton um. Wer sich hinter Meinungsumfragen verstecke, sei ein „Narr“ sagte Clinton – ohne Präsident Obama namentlich zu erwähnen.

US-Außenminister John Kerry hält eine „politische Lösung“ in Syrien weiterhin für möglich. Aber wegen der Chemiewaffen für „weniger wahrscheinlicher“. Am Montag – während Obama bei dem G-8-Gipfel Putin trifft – wird Kerry erneut seinen russischen Kollegen Lawrow treffen. Zuletzt hatten die beiden Politiker eine Konferenz für Gespräche zwischen dem syrischem Regime und Rebellen für Juli in Genf vorbereitet.