Stift oder Schraube

PROZESS Gentrifizierungsgegnerin steht wegen versuchter Gefangenenbefreiung vor Gericht

„Ich wusste gar nicht, worum es ging. Ich war meinen Kollegen hinterher gegangen“

POLIZISTIN INGRID V.

Der eine Hauptzeuge der Polizei hat sich krank gemeldet, der andere hat sich in den Urlaub verabschiedet. Und so musste Zivilfahnderin Ingrid V. vom Lerchenstraßen-Revier gestern im Prozess gegen die Gentrifizierungsgegnerin Claudia Falke (49) den belastenden Part der Anklage übernehmen, obwohl „ich vor Ort gar nicht wusste, worum es ging“, wie sie sagt. „Ich war nur stumm meinen Kollegen hinterher gegangen.“

Falke ist des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und der versuchten Gefangenenbefreiung angeklagt, die sie am 26. August 2012 nach dem Ende des Schanzenfestes auf dem Schulterblatt begangen haben soll. Damals hatten Zivilfahnder wegen eines angeblichen Raubdeliktes zwei Personen festgenommen. Die Aktivistin des Netzwerks für den Erhalt des Schanzenparks war zu den Männern geeilt, um deren Identität für den Ermittlungsausschuss festzuhalten. Laut eigenen Aussagen hatte Falke einen Stift in der Hand. Doch für die Polizei ist das, was Falke bei sich hatte eine Schraube und gefährliche Waffe. „Ich wusste nicht, was das ist, etwas Silbernes“, sagt Polizistin V. „Ich hab’ erst später auf der Wache erfahren, dass es eine Schraube war.“

Ingrid V. räumt ein, dass die Polizei Falke seit Jahren auf dem Kieker habe: „Wo Frau Falke ist, sind auch wir.“ In der besagten Situation will V. sich daran erinnern, dass Falke ihren Kollegen bedrängt habe, so dass dieser Pfefferspray einsetzen musste, was auch sie „außer Gefecht“ gesetzt habe. Das widerlegt ein Video der Verteidigung. Danach ist das Pfefferspray frühzeitig versprüht worden, ohne dass Falke etwas gemacht hatte. Der Prozess wird fortgesetzt.  KVA