Kurz vorm Abseits

ARD-Intendanten beschließen: Boßdorf bleibt vorerst Sportkoordinator, Baumann wird neuer Chefredakteur

Vor dem großen Saal im Funkhaus am Kölner Wallrafplatz spielten sich WDR-Intendant Fritz Pleitgen und der ARD-Programmdirektor Günter Struve die Bälle zu – die dunkelblauen ARD-Fußbälle, die im WM-Jahr an Journalisten verteilt werden. Auch der Chef des Bayerischen Rundfunks, Thomas Gruber, durfte mitspielen, als er aus der Intendantensitzung kam. Der, um den es gestern ging, blieb dagegen ausgeschlossen, obwohl er mit Fußball besonders viel zu tun hat: Hagen Boßdorf, Sportkoordinator der ARD und wegen seiner nachgewiesenen Kontakte zur DDR-Staatssicherheit das personifizierte Politikum des vergangenen Monats im öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

Die Intendanten ließen Boßdorf mit einem blauen Auge davonkommen: Er soll sich in den nächsten Monaten in der Öffentlichkeit rar machen. Seine Tätigkeit als Berichterstatter für die Tour de France und die Winterolympiade wird ruhen. Programmdirektor Struve ist beauftragt worden, „arbeitsrechtliche Konsequenzen“ zu ergreifen. Im Klartext: Boßdorf wird abgemahnt. Aber hinter den Kulissen darf er weiter als Sportkoordinator arbeiten, bis zum Vertragsende am 31. März 2007 – wenn nichts mehr dazwischenkommt.

Auf ihrer Sitzung in Köln entschieden die ARD-Vorsitzenden außerdem über die Nachfolge des Chefredakteurs Hartmann von der Tann, der zum 30. Juni diesen Jahres in den Ruhestand geht. Die Wahl fiel wie erwartet auf den MDR-Mann Thomas Baumann (Foto), bislang stellvertretender Leiter im Hauptstadtstudio Berlin. Baumann sei „einer der sorgfältigsten Journalisten, die es in der ARD gibt“, würdigte Struve den 44-Jährigen.

Über die Nachfolge von Struve, dessen Vertrag im April 2007 ausläuft, äußerten sich die Intendanten nicht. Auch die Personalie Fritz Raff, der für den ARD-Vorsitz gehandelt wird, blieb noch offen. Es gebe zwar „eine stabile Willensbildung“ für den SR-Chef Raff, so Thomas Gruber. Aber ein endgültiger Beschluss werde erst im Laufe des Jahres fallen. Genauso werde mit dem angestrebten Amt eines „ARD-Generalsekretärs“ verfahren. Laut Gruber waren sich die Intendanten einig, dass eine solche Stelle geschaffen werden solle. Doch der Vorschlag müsse noch von den Rundfunkgremien abgesegnet werden. S. SEDLMAYR