BARBARA DRIBBUSCH ÜBER NEUBAUFÖRDERUNG
: Nicht nur für die Mittelschicht

Eher nebenbei reichen die Verbände der Wohnungswirtschaft derzeit eine Grafik herum zu einem dramatischen Tatbestand. Auf der Grafik ist der Rückgang an preisgebundenen Mietwohnungen, auch „sozialer Wohnungsbau“ genannt, eingezeichnet. Der Bestand dieser Wohnungen ist von gut 2,6 Millionen im Jahre 2002 auf 1,6 Millionen im Jahre 2011 zurückgegangen. In den Ballungszentren gibt es für viele Einkommensschwache keinen bezahlbaren Wohnraum mehr.

Das Problem ist aus dem politischen Fokus geraten, weil sich in Großstädten wie München oder Hamburg eben auch für mittlere VerdienerInnen kein Wohnraum mehr finden lässt. Die Krankenschwester, die in München zwar händeringend auf dem Arbeitsmarkt gesucht wird, sich aber die örtliche Miete nicht leisten kann, bleibt auf keiner Pressekonferenz über Wohnungsmangel unerwähnt. Daher ist es nachvollziehbar, wenn der Gesamtverband der Wohnungswirtschaft (GdW) mehr Neubauförderung für die untere Mittelschicht vorschlägt. Eine solche Förderung gibt es etwa in Hamburg oder München, wo mittelschichtige Verdiener dann in den Neubauten zu Anfangsmieten von 8 Euro bis 10 Euro nettokalt pro Quadratmeter wohnen können.

Die Frage, wo Menschen mit Hartz-IV-ähnlichen Einkommensstrukturen leben sollen, ist damit jedoch nicht beantwortet. In Berlin etwa liegen die Durchschnittsmieten weit unter 8 Euro pro Quadratmeter. In der armen Hauptstadt haben viele Mieter weniger Geld als in Hamburg, die Baukosten sind jedoch ähnlich hoch. Wir brauchen daher eine Zukunft des sozialen Wohnungsneubaus auch für Einkommensschwache. Dies ist mindestens genauso wichtig wie die Mietpreisbremse, die SPD und Grüne im Wahlkampf hochhalten.

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