Motassadeq aus der Haft entlassen

Der Marokkaner Mounir al-Motassadeq ist auf freiem Fuß. Bundesverfassungsgericht gibt einer Beschwerde des mutmaßlichen Helfers der Attentäter vom 11. September 2001 Recht. Haftverschonung durfte nicht revidiert werden

HAMBURG dpa/taz ■ Der wegen Mitgliedschaft in einer Terrorvereinigung verurteilte Marokkaner Mounir al-Motassadeq ist gestern überraschend aus der Untersuchungshaft in Hamburg entlassen worden. Auslöser war eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe.

Die Richter hatten einer Verfassungsbeschwerde des mutmaßlichen Helfers der Hamburger Attentäter vom 11. September 2001 Recht gegeben, mit der der 31-Jährige gegen die Aufhebung eines Haftverschonungsbeschlusses vorgegangen war. Daraufhin wurde der Haftbefehl gegen Motassadeq vom Hanseatischen Oberlandesgericht (OLG) vorerst wieder außer Vollzug gesetzt.

Da nach gegenwärtigem Stand keine Gründe für einen Widerruf der Haftverschonung gegeben seien, müsse Motassadeq „unverzüglich aus der Untersuchungshaft entlassen werden“, hieß es in der Begründung der Karlsruher Richter.

Motassadeq war zuletzt im vergangenen August in der Neuauflage des weltweit ersten Prozesses um die Anschläge vom 11. September 2001 vom Hamburger OLG wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. Der Marokkaner gehörte nach Ansicht der Bundesanwaltschaft zu der Gruppe, die damals die verheerenden Anschläge in den USA geplant hatte. Die Ankläger hatten 15 Jahre Haft gegen ihn gefordert, die Verteidiger auf Freispruch plädiert.

Dieser Schuldspruch ist bis heute nicht rechtskräftig. Sowohl Verteidigung als auch die Bundesanwaltschaft haben Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt.

Mit dem Urteil im vergangenen August hatten die Hamburger Richter auch die 16-monatige Haftverschonung des Angeklagten beendet. Zu Unrecht, wie sein Verteidiger Gerhard Strate argumentiert. Denn Motassadeq habe sich während der Zeit auf freiem Fuß stets an die Auflagen der Justiz gehalten. Daher sei seine neuerliche Inhaftierung willkürlich gewesen.

Seiner Beschwerde gab Karlsruhe Recht: „Der Umstand allein, dass nach der Haftverschonung ein (noch nicht rechtskräftiges) Urteil ergangen ist, oder ein hoher Strafantrag der Staatsanwaltschaft gestellt wurde“, genüge nicht für den Widerruf einer ursprünglich gewährten Haftverschonung, teilten die Verfassungsrichter in ihrer Begründung mit.

Die in Hamburg zwischenzeitlich beschlossene Ausweisung Motassadeqs aus Deutschland stand zunächst nicht zur Debatte, da das Strafverfahren gegen den Marokkaner nicht abgeschlossen ist. „Aber die Ausweisungsverfügung bleibt bestehen“, sagte ein Sprecher der Hamburger Innenbehörde gestern Abend.

Die Ausweisung war vor zwei Jahren verfügt worden, da die Behörde Motassadeq als Bedrohung für die freiheitlichen Grundrechte einstufte. Im weltweit ersten Prozess um die Anschläge in Washington und New York war Motassadeq im Februar 2003 wegen Beihilfe zum Mord an mehr als 5.000 Menschen zur Höchststrafe von 15 Jahren Haft verurteilt worden.