„Die sanfte Seite der Szene“

JUGENDARBEIT Bei einer Tagung wird der Umgang mit rechtsextremen Mädchen und Frauen diskutiert

■ Erziehungswissen–schaftlerin bei der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus

taz: Der weibliche Zulauf zur rechtsextremen Szene wächst. Hinkt die öffentliche Wahrnehmung noch hinterher?

Esther Lehnert: Der gewalttätige Mann steht nach wie vor im medialen Vordergrund – auch wenn das Interesse an den Aktivitäten von Frauen und Mädchen steigt. Ihr Anteil bei den Mitgliedschaften in Parteien und Organisationen wird immerhin auf 20 Prozent geschätzt. Die Gefahr, die von ihnen ausgeht, wird allerdings unterschätzt.

Worin liegt die?

Frauen stehen für die sanfte Seite. Sie engagieren sich in Nachbarschaften, Elterngremien, Vereinen oder sozialpädagogischen Berufen – wo sie rechtsextreme Inhalte auf „unpolitischem Weg“ an Kinder und Jugendliche herantragen können.

Fallen sie dort nicht auf?

Nein. Sie kommen bürgerlich rüber, sehen nett aus, haben ein angenehmes kommunikatives Verhalten und gehen strategisch vor: Erst bauen sie soziale Beziehungen auf, dann platzieren sie so genannte nationale Themen. Forderungen nach deutschen Liedern in der Schule etwa wirken erstmal harmlos.

Welche Funktionen nehmen sie innerhalb der Szene ein?

Eigentlich alle. Natürlich gibt es immer noch die klassisch rechtsextreme Frau, die sich um Kinder und Haushalt kümmert. Es gibt aber auch Politikerinnen, Intellektuelle und Rechtspopulistinnen. Die Szene ist sich bewusst, dass die Welt pluralistischer und moderner geworden ist – und eben das macht sie für Frauen attraktiv.

Was bedeutet dieser Wandel für die Präventionsarbeit?

Bei Mädchen ist die Herausforderung, ihren Rechtsextremismus ernst zu nehmen und entsprechende Bemerkungen überhaupt wahrzunehmen. Ihnen wird leider immer noch zu wenig eine eigenständige politische Meinung zugetraut. INTERVIEW: AG

Ab 10 Uhr, Lidice-Haus, Weg zum Krähenberg 33 a