„Kostenlose Unis verlieren an Status“

Die Hochschulen haben keine Wahl: Sie müssen Gebühren einführen, um Haushaltslöcher zu stopfen und nicht wie ein Billigangebot zu wirken, sagt Volker Ronge, Vorsitzender der Rektorenkonferenz in NRW

taz: Herr Ronge, Ihr Vorgänger als Vorsitzender der Rektorenkonferenz kann zur Zeit nicht in sein Büro...

Volker Ronge: (lacht) Das halte ich schon aus kollegialen Gründen für sehr bedauerlich. Er ist ausgesprochen offen für die studentischen Belange und hat zugleich frühzeitig seine Haltung zur Studiengebühr deutlich gemacht. Nun wird er für diese Transparenz abgestraft. Im Übrigen empfinde ich die Form des Protests in Bielefeld als unerträglich. Das ist ein Ausmaß an Freiheitsberaubung, das nicht zu legitimieren ist.

War die Reaktion nicht zu erwarten, nachdem das Rektorat offensiv für Studiengebühren eingetreten ist?

Nein. Die Gesetzesentwicklung hat sich zuletzt verfestigt. Da ist es durchaus begrüßenswert, wenn das Rektorat frühzeitig seine Positionen klar stellt. Damit wird doch eine Entscheidung des Senats überhaupt nicht vorweggenommen.

Wie verhalten Sie sich als Rektor der Uni Wuppertal?

Wir werden in unserer nächsten Senatssitzung zunächst allgemein die Studiengebühren debattieren und erst danach über die Gebührensatzung diskutieren. Wir machen also ein zweistufiges Verfahren. Ich hoffe, dass wir Zustände wie in Bielefeld nicht bekommen werden.

Werden die Studenten miteinbezogen? In Bochum zum Beispiel gab es eine Umfrage.

Das bringt nur wenig Erkenntnisse. Die Studenten sind doch doppelt einbezogen: erstens in die allgemeine Politikentwicklung. Studiengebühren sind ja keine Erfindung von Rektoren, sondern dahinter steckt eine politische Programmatik. Außerdem sitzen auch die Studenten im Senat, in dem die Gebührenfrage dem Gesetz gemäß geregelt werden muss. Und sie werden sich äußern.

Was bedeutet es, wenn das Gesetz erst verspätet umgesetzt wird?

Ich glaube, wir werden das schaffen. Die Frage der EDV ist offen. Ein entsprechendes Programm des Hochschulinformationssystems ist in Arbeit und der Druck riesengroß. Wenn das nicht klappt, ist es so ähnlich wie mit der LKW-Mautgebühr. Es ginge unglaublich viel Geld verloren.

Sie sagten Ende Januar vor dem Landtagsausschuss, es sei „mindestens illusorisch, wenn nicht zynisch“ das Gesetz als Freiheit der Universitäten darzustellen.

Die Hochschulen sind nicht frei. Wir können auf diese Einnahmen nicht verzichten. Stellen Sie sich vor, die Hochschule Münster würde auf Studiengebühren verzichten. Dann gibt es Studentenwanderungen. Zweitens wirkt eine kostenlose Uni so, als könne sie ein Billigstudienangebot machen. Das ist ein Statusverlust.

Glauben Sie, dass sich die Studienbedingungen mit der Gebühr verbessern?

Die zusätzlichen Einnahmen werden zunächst einen Schwung an Verbesserung für die Studienbedingungen bewirken. Ich befürchte aber, dass langfristig die Landeszuschüsse sinken werden.

Erwarten Sie noch große Proteste, wenn die Gebühren tatsächlich erhoben werden?

Die Bochumer Onlinebefragung ergab, dass die Studenten ganz unterschiedlich denken. Die Frage der Studiengebühren gehört eigentlich nicht in die Hochschulen. Es ist eine allgemeinpolitische Frage. Aber es gibt auch den einen oder anderen Hochschulrektor, der dieses Ausmaß an freier Entscheidungsmöglichkeit gerne sieht. Dem das schmeckt.INTERVIEW: MAIK BIERWIRTH