INNENMINISTER BECKSTEIN UND DIE ISLAMISCHEN FUSSBALLFANS
: Koran, Bibel, Grundgesetz

Die meisten Leute möchten ihr Leben verbringen, ohne sich mit Gewalt auseinander setzen zu müssen oder selbst für potenzielle Gewalttäter gehalten zu werden. Darin – wie in vielem anderen – unterscheiden sich Muslime nicht von Nichtmuslimen. Es muss doch irgendeine Möglichkeit geben, diejenigen in Schach zu halten, die offenkundig einfach Spaß am Zündeln haben oder die sich politische Vorteile davon versprechen, Öl ins Feuer zu gießen. Wie beispielsweise den bayerischen Innenminister Günther Beckstein.

Worte können bekanntlich eine schärfere Waffe sein als Fäuste und Benzinkanister. Die jüngsten Äußerungen von Beckstein wären überflüssig – es sei denn, er gehörte zu denjenigen, die den Kampf der Kulturen innig herbeisehnen. Seine Ankündigung, islamische Besucher der Fußball-Weltmeisterschaft besonders gründlich daraufhin überprüfen zu wollen, ob sich fanatische Gewalttäter in ihren Reihen befinden, stellt die Anhänger einer Weltreligion unter Generalverdacht. Beckstein wird gewiss behaupten, das so nicht gemeint zu haben. Aber was hat er dann gemeint? Der Hinweis, dass Gäste internationaler Großveranstaltungen auf Kriminalität hin überprüft werden, wäre keine Nachricht. Sondern selbstverständlich. Interessant wird die Äußerung erst durch die Stigmatisierung einer bestimmten Gruppe.

Bizarr ist die von Beckstein aufgeworfene Frage, ob der Koran grundsätzlich mit dem Grundgesetz vereinbar sei. Was, wenn nicht? Und wie steht es eigentlich mit dem Christentum? Vertragen sich das moderne Familienrecht und das Bankengesetz, die ja verfassungsgemäß sein müssen, mit den Zehn Geboten? Falls das nicht so ist: Soll man dann das Grundgesetz ändern oder die Zehn Gebote? Eine Verfassung ist keine Religion. Sie muss beachtet werden. An sie glauben muss man nicht.

Es gibt in der islamischen Welt zahlreiche Regierungen, denen alle Proteste gegen den Westen gerade recht kommen. Ein gemeinsames Feindbild eint, stabilisiert nach innen und ist hilfreich bei dem Versuch, Systemkritiker auszugrenzen. Diesen Mechanismus kennen und schätzen offenbar auch manche Politiker der nichtislamischen Welt. Leider. BETTINA GAUS