Biozide
: Minister muss haften

Ihre Verpackungen sehen aus wie die von Putzmitteln oder Puderzucker. Doch ihr Inhalt will Lebewesen aufweichen, zersetzen, pulverisieren oder einfach nur umbringen. Haufenweise lauern sie harmlos unter vielen Küchen-Spülen – die Biozide. Sie unterscheiden sich durch ihren Gefährdungsgrad, natürlich nur für Menschen. Von böse giftig bis zu gesundheitsschädlich. Diese Einschätzung bringt die bösen Biozide nämlich entweder gleich ins Supermarkt-Regal oder in einen vergitterten Giftschrank, wo sie natürlich aufwändiger zu verkaufen sind. Das wissen auch die Hersteller und mühen sich ab, ihre Schimmelkiller und Ameisenvernichter möglichst harmlos daher kommen zu lassen. Gerade mal acht von 94 blieben bei der Beschriftung des Etiketts bei der Wahrheit. Das hat Nordrhein-Westfalens Verbraucherschutzminister Eckhard Uhlenberg (CDU) jetzt festgestellt. Ein Skandal?

KOMMENTAR VONPETER ORTMANN

Ja. Einer mit Aufschrei-Qualität. Mit Warnaufrufen im Fernsehen und Outing aller Schädiger. Doch es passiert nichts. Das giftige Zeug steht immer noch im Supermarkt-Regal und – noch viel schlimmer – unten den Küchenspülen. Der Verbraucherschutzminister lässt die Biozid-Hersteller weiter machen. Erst in der nächsten Woche will die Landesregierung den Einzelhandelsverband über die Studie informieren, die dann in ihren Verkaufshallen reagieren können. Den Täuschern droht der Minister „zumindest mit einem Bußgeld“. Die werden jetzt schon zittern. Und wenn sich in der Zwischenzeit irgendeiner mit der falsch gekennzeichneten Killer-Suppe umbringt, haftet dann auch Bauer Uhlenberg? Um die Schädlichkeit weiß der Minister. „Bei falscher Anwendung sind diese Produkte eine Gefahr für Mensch und Umwelt“, betonte er. Nichthandeln trotz Wissen führt aber immer zur Haftung. Da hilft auch kein Schutzanzug mehr.