Land deckt Giftmischer

Das Verbraucherministerium weigert sich, die Namen von gesundheitsschädlichen Sprays zu nennen. Dabei ergab die eigene Untersuchung: Viele gefährliche Produkte sind falsch ausgezeichnet

VON SEBASTIAN HEISER

Die Verbraucherschutzzentrale Nordrhein-Westfalen wirft der Landesregierung laxen Umgang mit giftigen Produkten vor. „Gefährliche Mittel müssen sofort aus dem Handel gezogen werden“, sagte Monika Krause, Chemie-Expertin bei der Verbraucherschutzzentrale, gestern der taz. Das Verbraucherschutzministerium hatte 94 Produkte zur Schädlingsbekämpfung untersucht, von denen nur acht korrekt gekennzeichnet waren. Bei den meisten Insektensprays, Wandfarben mit Anti-Pilz-Mitteln, Desinfektionsmittel oder Antischimmelsprays fehlten Sicherheitshinweise, teilte Verbraucherschutzminister Eckhard Uhlenberg (CDU) mit. Bei falscher Anwendung bestehe „eine Gefahr für Mensch und Umwelt“.

Die Produkte werden jedoch immer noch verkauft. Lediglich die Geschäfte, aus denen das Ministerium die getesteten Produkte bezogen hatte, wurden informiert. Erst in der nächsten Woche will die Landesregierung den Einzelhandelsverband informieren, der gibt die Ergebnisse dann wiederum an die Geschäfte weiter. Es ist noch nicht abzusehen, wie lange diese Mittel weiter käuflich sind.

Die Verbraucherschützer können das nicht nachvollziehen. „Die Handelsnamen der Produkte müssen veröffentlicht werden“, so Krause. Nur dadurch könnten die Verbraucher, die das Gift bereits gekauft haben, die Gefahr noch erkennen.

Die Hersteller der Mittel wurden vom Verbraucherschutzministerium nicht angesprochen. Dafür seien die Arbeitsschutzbehörden der einzelnen Bundesländer zuständig, so Ministeriumssprecherin Sabine Raddatz. Nur diese könnten ein Bußgeld erheben. Ob das in diesem Fall geschehen sei, wisse sie nicht.

Bei den Kontrollen war das Verbraucherschutzministerium zum Beispiel auf Produkte gestoßen, bei denen die Erste-Hilfe-Hinweise oder das Verfallsdatum fehlte. Als besonders krasses Beispiel nannte Uhlenberg zwei Mittel, die lediglich das Symbol für „gesundheitsschädlich“ auf der Verpackung hatten. Tatsächlich sind die Produkte aber so giftig, dass sie das Totenkopf-Symbol tragen müssten und niemals frei im Handel verkauft werden dürften. Mit dem Totenkopf müssen besonders gefährliche Mittel gekennzeichnet werden, die zum Beispiel Krebs erzeugen, das Erbgut verändern oder die Fortpflanzungsfähigkeit einschränken. Welche Risiken in diesem Fall vorlagen, teilte das Ministerium nicht mit. Die Risiken der Totenkopf-Produkte seien jedoch so hoch, dass zumindest diese beiden Produkte nicht mehr länger verkauft werden dürfen, so die Verbraucherschützer.

Die Biozidrichtlinie, die die Kennzeichnung gefährlicher Produkte vorschreibt und die am 30. Juli 2004 in Kraft getreten war, ist laut Krause eine wichtige Verbrauchervorschrift. Es sei leichtfertig, die Gefahren zu verharmlosen. „Diese Produkte sind dazu da, gegen lebende Organismen zu wirken – und dazu gehören auch wir Menschen.“