Wo steckt der Autor?

Bremer Autoren- und Produzentenpreis für „gold extra“

Bremen taz ■ Die sexwütige Sekretärin windet sich als Silhouette hinter der Jalousie. Auf der Leinwand tanzen füllige Agenten mit Hut und – damit kein Missverständnis aufkommt – FBI-Logo auf dem Rücken. Hypnotische Sounds wummern. Die Lichteffekte kommen vom Kopierer. Nebenbei wird noch an einem Kunstwerk aus Kopien und Schreddermüll gearbeitet – einem richtigen Kunstwerk zum An-die-Wand-Hängen.

„Dafür würde es nie einen Literaturpreis geben“, sagt Schwankhallen-Projektleiter Carsten Werner. Deswegen hat das Junge Theater für die trendige Gattung namens „Performing Arts“ einen eigenen Preis erfunden. Er soll kompensieren helfen, dass es für derartig spartenübergreifende Projekte kaum Fördermittel gibt. Im Theaterreferat der Kulturbehörde, berichtet Werner, war man nicht erfreut und ließ sogar juristisch prüfen, ob ein Theater überhaupt Preise vergeben dürfe. Und das nicht etwa, weil man selbst eine Ausschreibung geplant hätte.

Der Bremer Autoren- und Produzentenpreis ist gerade zum dritten Mal ausgelobt. Die Rechnung von Schwankhalle und Jungem Theater geht auf: Die beiden letzten Preisträger sind mit zwei Uraufführungen nach Bremen gekommen. Im Januar war Maren Stracks streng durchkomponiertes Fahnenschwingerstück „figure8race“ zu sehen, ein engmaschiges Assoziationsgeflecht um die Rennfahrerinnen-Legende Clärenore Stinnes. Derzeit zeigen die Preisträger von 2005, die österreichische Künstlergruppe „gold extra“, ihre Produktion „meet jane edgar“. Es geht um Identität und Überwachung. FBI-Chef J. Edgar Hoover, der über jeden in den USA alles weiß, schafft sich selbst eine Identität und stellt fest: „Ich hätte auch Marylin Monroe sein können.“ Diese Erkenntnis unterstreichen fröhliche Animationen eines feisten Glatzkopfes, der sein Kleidchen über dem Lüftungsschacht wehen lässt.

„Performing Arts“ stehen zwischen den Künsten. Zutaten sind – nur mal als Beispiel – Schauspiel, Choreographie, Sound, Film und Comic, aber auch Party-Elemente und die berüchtigte Interaktion mit dem Publikum. Und hier wird die Frage nach dem Autor, der in postmodernen Debatten längst für tot erklärt und wieder auferweckt wurde, neu gestellt. Kann man eine Choreographie urheberrechtlich schützen? Kann man ein Stück „schreiben“, das wesentlich auf Improvisation, auf dem Zusammenspiel verschiedener Künstlerhandschriften beruht?

Für den verdatterten Zuschauer jedenfalls hat Carsten Werner Verständnis: „Wenn ich nicht weiß: Worum geht es jetzt gerade?, dann merke ich auch, dass ich abdrifte.“ „Leidensmomente“ nennt das Kollegin Anja Wedig vom Jungen Theater. Werners Tipp für den unerfahrenen Performance-Besucher: dem eigenen Urteil vertrauen. „Wenn du es langweilig findest, dann ist es langweilig.“ abe

10. und 11.2., 20.30 Uhr, Schwankhalle