Das Ei im Nest

Viele offene Fragen beim Modellversuch Islamkunde

Bremen taz ■ Es klingt zunächst gar nicht schlecht. Da sollte mit dem Modellversuch eines Islamkunde-Unterrichts am Schulzentrum Koblenzer Straße „eine respektable Minderheit geachtet und aufgewertet werden“. So formuliert es zumindest Werner Willker, Referent im Bildungsressort. Und daher will er ab kommendem Schuljahr das Fach als Alternative zur Biblischen Geschichte und Philosophie an zwei weiteren Schulen einführen. Doch bei weitem nicht alle sind glücklich mit diesem neuen Angebot. Wenngleich aus unterschiedlichsten Gründen.

„Wir haben erheblichen Diskussionsbedarf“, sagte etwa der bildungspolitische Sprecher der CDU, Claas Rohmeyer, noch bevor die Bildungsdeputation das Thema gestern Nachmittag aufgriff. Seine Partei hat dem Projekt zwar einst zugestimmt – doch nun sei die Frage: „Was machen wir bei einer Ausweitung mit unserer Verfassung?“, so Rohmeyer. Diese fordert nämlich die allgemeine christliche Grundlage für den Bremer Religionsunterricht. Aber: „Gäbe es denn überhaupt eine allgemeine islamische Grundlage?“

Ganz andere Probleme erkennt dagegen Jürgen Lott, Leiter des Fachbereichs Religionspädagogik an der Bremer Universität. Er sieht, wie die Klassen auseinander gerissen werden, gemeinsame Gespräche über kulturelle und religiöse Unterschiede nicht mehr stattfinden. „Warum müssen sich die Schüler denn für nur ein Fach entscheiden?“, fragt Lott. Unabhängig vom Konzept der Lehrerin an der Koblenzer Straße, das er durchaus schätze, sei das Ganze „kontraproduktiv“.

Werner Willker glaubt das nicht. Zum einen, so sagt er, würden die beteiligten Lehrkräfte der drei Fächer eng kooperieren. „Es gibt sogar gemeinsame Projekte.“ Zum anderen hofft Willker, dass SchülerInnen künftig auch mal zwischen den Fächern wechseln. „Aber die Zahl ist noch nicht groß, das ist richtig.“ Für Grünen-Sprecherin Anja Stahmann kann Islamkunde deshalb auch nur eine Übergangslösung sein. „Langfristig sollte das Ziel eines gemeinsamen Unterrichts in Werten und Religionen im Auge behalten werden“, sagt sie.

Referent Willker glaubt, dass auch die Bremer Uni dieses Konzept der allgemeinen Religionskunde anstrebt. „Aber das lässt unsere Verfassung nicht zu.“ Warum es dann so etwas wie Islamkunde als Alternative überhaupt geben kann? „Tja“, meint Religionspädagoge Lott süffisant: „Da hat sich der Senat wohl ein Ei ins Nest gelegt.“ amg