Radler müssen genau hinschauen

Berlin ist noch immer alles andere als eine Fahrradstadt: Die neue Auflage des Fahrrad-Stadtplans soll Radlern deswegen den schnellen und sicheren Weg durch die Straßen der Großstadt weisen. Leider ist die Faltkarte teilweise genauso unübersichtlich wie der Berufsverkehr am Morgen

VON MARIA DALDRUP

8.46 Uhr, Greifswalder Straße, Ecke Friedenstraße in Prenzlauer Berg: Eine junge Radfahrerin bahnt sich ihren Weg durch den dichten Berufsverkehr, wechselt vorsichtig auf die Linksabbiegerspur. Die Reaktion der Autofahrer: lautes Hupen. Sei es, damit sie schneller fahre, sei es, um sie gänzlich von „ihrer“ Straße zu verbannen. Die Greifswalder Straße gehört jedoch zu jenen Straßen, die (noch) keinen Fahrradweg haben. Als Ausweichmöglichkeit bliebe der Radlerin nur der Bürgersteig. Sie legt einen Zahn zu.

Der neu gestaltete Fahrrad-Stadtplan des Allgemeinen Deutschen Fahrrad Clubs (ADFC) soll Abhilfe schaffen und dem Radfahrer die besten Strecken Berlins weisen. Entstanden ist er unter Mithilfe der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) und des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB). „Wir sind Partner vor allem in der Frage umweltgerechten Verkehrs“, sagte Hans-Werner Franz vom VBB bei der Vorstellung der Karte gestern.

Das Ziel des Plans, so der stellvertretende Landsvorsitzende des ADFC Alexander Hunger, sei: „Dort entlang fahren, wo es Spaß macht.“ Und: Man wolle die „Akzeptanz und den Respekt zwischen Radfahrern und Autofahrern“ vergrößern, sagte Ingeborg Junge-Reyer (SPD), Senatorin für Stadtentwicklung.

Der Plan richte sich an alle Radfahrer und sei für die Benutzung im Alltag wie auch für die Freizeit geeignet, erklärte Benno Koch, der Landesvorsitzende des ADFC. Insgesamt 12.000 Kilometer werden abgedeckt. Die Bewertung jedes potenziellen Radfahrkilometers erfolgte nicht nur anhand des Straßenkomforts, sondern auch der Verkehrssicherheit, betont Hunger. Deshalb wurden große Straßen, auf denen Autos in der Regel mit 50 Stundenkilometern oder schneller fahren, nicht bewertet.

Allerdings gibt es ein gravierendes Problem mit dem Fahrrad-Stadtplan: Er ist unübersichtlich. Die umständliche Kartenklappmanier – wie sie viele Nutzer auch bei den üblichen Straßenkarten immer wieder verzweifeln lässt – ist wohl kaum vermeidbar. Doch steht der Fahrrad-Stadtplan beim Aufklappen erst mal Kopf. Und auch wenn der Plan für das Stadtzentrum durch den Maßstab 1 : 15.000 noch relativ überschaubar ist, wirkt die Gesamtkarte von Berlin und einigen Umlandgemeinden mit einem Maßstab von 1 : 30.000 unübersichtlich.

Denn neben den Fahrradrouten sind hier auch alle Verkehrslinien des öffentlichen Personen-Nahverkehrs (ÖPNV) aufgeführt. Zum Verwechseln ähnlich sind etwa die dunkelorange und die roten Linien: Sie können einen sehr guten Radweg oder eine Straßenbahnstrecke kennzeichnen. Hintergrund für dieses Zuviel an Information ist wohl die – eigentlich sinnvolle – Zusammenarbeit von ADFC und ÖPNV. Schließlich gebe es, so Hans-Werner Franz, einen wachsenden Bedarf, öffentliche Verkehrsmittel und das Fahrrad kombiniert zu nutzen. Dies sehe man schon an den jährlichen Verkaufszahlen von Fahrrad-Monatskarten: Sie sind seit der Einführung vor knapp zwei Jahren von 60.000 auf 106.000 gestiegen.

Im Fahrrad-Stadtplan ist die Greifswalder Straße übrigens als „Radweg/Weg, für Radfahrer sehr gut geeignet bis gut geeignet“ deklariert. Derzeit gibt es dafür keinen plausiblen Grund. Doch das soll sich ändern: Ein Fahrradweg ist hier in Planung und teilweise bereits im Bau.

Der ADFC-Fahrrad-Stadtplan Berlin ist für 6,50 Euro im ADFC-Buch- und -Info-laden, Brunnenstraße 28, sowie im gut sortierten Buchhandel erhältlich.