Reisewarnungen

Nach den Proteststürmen aufgebrachter Muslime sagen dänische Sportler Trips in die arabische Welt ab

STOCKHOLM taz ■ Beim Krisenstab des dänischen Außenministeriums wird man heute Eurosport gucken. Nicht zur Entspannung in diesen stressigen Tagen, sondern in beruflicher Pflichterfüllung. Man wird beim Finale des Afrika-Cup einer Mannschaft die Daumen drücken – nein, nicht der Elf der Elfenbeinküste. Ein Sieg Ägyptens im heimischen Stadion in Kairo, und man hätte eine Sorge weniger. Glaubt man in Kopenhagen wenigstens.

In den Amtsstuben hatte man bereits beim Halbfinale zwischen Ägypten und dem Senegal am Dienstag 81 Minuten lang geschwitzt. Bis Amr Zaki endlich das erlösende 2:1 köpfte. Was 75.000 glückliche Zuschauer im Stadion an alles Mögliche denken ließ, nur nicht mehr an irgendwelche Mohammed-Karikaturen in einer dänischen Zeitung. Für den Fall einer Finalniederlage fürchtet man in Kopenhagen von Frustration ausgelöste Attacken, die sich dann auch schnell gegen dänische Ziele richten könnten. Sport und Politik gehören wie immer zusammen und deshalb auch Mohammed-Karikaturen und die Sicherheit dänischer Sportler.

Erst hatten daher die Tischtennisspieler Michael Maze, Finn Tugwell, Martin Monrad und Christian Larsen ihre Teilnahme an den als wichtige Vorbereitung für die Weltmeisterschaft geplanten Pro-Tour-Turnieren, die ab 13. Februar in Qatar und Kuwait stattfinden, zurückgezogen. Dann meldete am Mittwoch der dänische Golfverband, dass die beiden Profispieler Anders Hansen und Søren Kjeldsen nicht wie geplant an einem Turnier in Indonesiens Hauptstadt Jakarta teilnehmen würden. Begründung für beide Absagen: die Sicherheitslage und entsprechende Empfehlungen des dänischen Außenministeriums.

Polizeischutz in Turin

Aksel Beckmann, Vorsitzender des Tischtennisverbands DTBU, sagt: „Wir wollen die Gesundheit unserer Spieler nicht aufs Spiel setzen.“ Auch in Turin hat man offenbar auf das veränderte Bedrohungsszenario reagiert. Laut dänischer Medienberichte wird es auf bei den Winterspielen statt der üblichen zwei Mannschaften, die traditionell erhöhten Polizeischutz genießen – die der USA und Israels –, diesmal mit der dänischen Delegation einen Dritten im Bunde geben. Ein ausdrücklicher Wunsch Dänemarks soll dem nicht zugrunde liegen. Man hat die Beurteilung der Sicherheitslage allein der italienischen Polizei überlassen. Die will aber auf Nummer sicher gehen.

Auch ein Fußballländerspiel ist in Gefahr, abgesagt zu werden. Es soll am 1. März in Ramat-Gan-Stadion in Tel Aviv stattfinden. Wenn der dänische Fußballverband DBU ein Freundschaftsspiel gegen Israel zum gegenwärtigen Zeitpunkt für problematisch hält, hat das zwei Gründe: Einerseits sieht man ein Sicherheitsproblem auch in Israel; andererseits befürchtet man offenbar, dass ein Treffen gegen diese Elf in arabischen Kreisen angesichts der sowieso gespannten Atmosphäre als zusätzliche Provokation verstanden werden könnte. Die Idee, die israelische Elf zum vorgesehenen Termin stattdessen nach Kopenhagen einzuladen, hält DBU-Generalsekretär Jim Stjerne Hansen folglich für keine gute Alternative – zum jetzigen Zeitpunkt.

Länderspiel vor Aus

Der Sicherheitsaufwand, den man vor vier Jahren hatte, als die israelische Elf zu wesentlich ruhigeren Zeiten in Kopenhagen spielte, ist nicht vergessen. Endgültig entscheiden will man sich beim DBU spätestens am 21. Februar. Von Medien befragte dänische Spieler, wie Martin Jørgensen, Morten Skoubo, Jesper Grønkjær und Daniel Jensen, haben klar gemacht, dass sie sich nicht vorstellen könnten, derzeit in Israel zu spielen. Sie haben deutliche Bedenken angemeldet, da sich die Lage in den nächsten Wochen kaum ändern werde.

Wie heikel es auf dem Feld des Sports zugeht, zeigt ein anderes Beispiel, das sich auf ein Geschehen vor Erscheinen der Karikaturen in der Zeitung Jyllands-Posten bezieht. Die auf Tour durch den Nahen Osten befindliche schwedische Fußballnationalmannschaft erlebte eine sehr spezielle Gemengelage von Sport und Politik. Mit der Begründung, das für das Match zwischen Saudi-Arabien und Schweden vorgesehene Stadion sei aus baulichen Gründen nicht geeignet, Männer und Frauen so zuverlässig voneinander zu separieren, wie die dortigen Gesetze das fordern, verbot die saudische Regierung kurzerhand den Stadionbesuch von Frauen.

Diese Frage wurde in Schweden sogar im Parlament behandelt. Viele Politiker und Journalisten sahen sich in der Folge veranlasst, eine Spielabsage durch den schwedischen Verband zu fordern. Allerdings war von der Regierung bis hin zu Wirtschaftsbossen nicht die leiseste Kritik an der Frauendiskriminierung in Saudi-Arabien zu hören gewesen, als man Ende letzten Jahres eine saudische Regierungsdelegation fürstlich in Stockholm empfangen hatte. Da ging es ja auch um wichtige Waffen- und andere lukrative Exportgeschäfte. REINHARD WOLFF