Unsere Macht liegt im Streik

betr.: „Der Prothesenstreik“, taz vom 6. 2. 06

Als gelegentlicher taz-Leser aber vor allem als Gewerkschafter möchte ich auf den Artikel von Thilo Knott zum Thema Gewerkschaften und Streiks eingehen. Nach dem Lesen von „Der Prothesenstreik“ wurde mir doch aber etwas mulmig zumute.

Thilo Knott fragt bei der Tarifauseinandersetzung im öffentlichen Dienst, was denn schon 18 Minuten seien? Soll das polemisieren oder ist die Frage ernst gemeint? Meine Antwort darauf ist denkbar einfach. 18 Minuten länger arbeiten am Tag heißt Arbeitszeitverlängerung! Auch wenn die Realitäten im öffentlichen Dienst sicher schon nicht mehr bei einer 38,5 Stunden Woche sind, gilt doch hier immer noch: „Arbeitszeitverlängerung vernichtet Arbeitsplätze!“ Eine Verkürzung der Arbeitszeit hingegen schafft wieder neue Arbeitsplätze. Es ist einfache Mathematik, die mich so was nicht nur erahnen, sondern rechnerisch nachweisen lässt.

Ein zweiter Punkt: Es mag zwar richtig sein, dass die Solidarität der Bürgerinnen und Bürger für einen Streik daran zu messen ist, inwieweit sie selbst davon positiv oder negativ betroffen sind. Aber gerade im Bereich der Müllabfuhr kann man als Gewerkschaft doch sehr deutlich machen, wo der Interessengegensatz liegt.

Gemessen daran, dass die Arbeitgeberverbände mit immer dreisteren Forderungen kommen und die Ausbeutung des Menschen immer weiter voranschreitet, ist doch aber genau das das richtige Mittel, um sich Gehör zu verschaffen. Denn hier gilt ja der Grundsatz, dass alle Räder still stehen, wenn unser starker Arm es will. Gerade hier wird deutlich, wo die Macht der Arbeiterinnen und Arbeiter liegt, nämlich im Streik.

Wenn der Müll so lange nicht mehr abgeholt würde oder Lehrerinnen und Lehrer so lange nicht mehr lehren, bis sich eine Forderung durchsetzt, trifft das den Kern dessen, was einen sinnvollen Arbeitskampf ausmacht. Die heftigste Waffe, die Arbeiterinnen und Arbeit noch haben im Kampf um ihre Stellung im Konflikt zwischen Kapital und Arbeit, ist genau diese. Als zweitstärkste Waffe haben wir ja dann immer noch die Presseerklärung.

SANDRO WITT, Vorsitzender DGB Jugend Thüringen