Mit Hot hat man endlich die Berliner Slade und mit Tok Tok den Kinderkram-Techno

Schon seltsam, dass niemand bislang auf diesen Bandnamen gekommen ist. Ähnlich schlicht und knackig ist auch das musikalische Konzept von Hot auf ihrem Debütalbum „Black Death Poison Kill“: Altmodischen Glamrock mit balkanischen Einflüssen oder zünftigem Offbeat kurzschließen und dann mit modernen urbanen Erfahrungen zu aktualisieren. Aber ob der „Skoda Oktavia Turbo Daddy“ aus dem Speckgürtel besungen wird oder das die Hauptstadt-Malls durchstreifende „Rich Russian Grrrl“: Wenn Alexander Schwab die Stimme erhebt, kehrt vor allem ein Mick Jagger aus dem Rentenstand zurück. Auch ansonsten bewegt sich die Band souverän an der Grenze zum Plagiat: In „But I Wanna Rock“ zitieren sie kaum verhüllt die Bassline von „Owner Of A Lonely Heart“ von Yes, in „Love Comes Love Goes“ einen Bläsersatz, der jedes zweite Ska-Stück verschönert. So überzeugend muss man erst mal Klauen können, doch Hot sind mehr als nur die Helene Hegemann des Glamrock, sondern mindestens die Berliner Slade. Und das hat die Stadt doch mal verdient.

Ähnlich mondän, wenn auch mit gänzlich anderen musikalischen Mitteln, geht es bei Tok Tok zu: Der Glamourfaktor ist zwar etwas zurückgeschraubt seit den Tagen, in denen Soffy O oder sogar Nena die Electro-Tracks des Duos mit ihrem Gesang verzierten. Aber mit „Bullet in the Head“ beweisen Benjamin Weiss und Fabian Feyerabendt, dass sie immer noch wissen, wie man einen üppigen Tanzbodenknaller programmiert. Ihr Techno war schon immer verspielter als der der Berliner Konkurrenz. Aber jetzt auf ihrem vierten Album wird die unbekümmert geradeaus pumpende Bassdrum so geschickt mit Geräuschen aus dem Kinderzimmer garniert, als hätten sich die beiden fest vorgenommen, Stamm-DJs beim jugendfreien „Tresor.Light“ zu werden. THOMAS WINKLER

■ Hot: „Black Death Poison Kill“ (KOOK/Broken Silence), live 4. 3. Monster’s Ronson

■ Tok Tok: „Bullet in the Head“ (Tok Tok Records/Intergroove), live 26. 2. Tresor, 5. 3. WMF