Ein Zuckerl für den Rosinenbomber

OBAMA-BESUCH Der Luftbrücke-Pilot Gail Halvorsen durfte in Berlin mit dem US-Präsidenten dinieren

BERLIN taz | Als Obama in seiner Rede am Mittwoch vor dem Brandenburger Tor an die Geschichte Berlins erinnerte, ließ er Gail Halvorsen hochleben. Halvorsen, 92, war einer der amerikanischen Piloten, der 1948 den Kindern Schokoriegel zuwarf, als er die Westberliner mit Essen und Medikamenten versorgte. Weil eine Gesamtschule in Berlin-Dahlem nach ihm benannt wurde, kam er nach Berlin – und wurde bei dieser Gelegenheit zu Obamas Rede eingeladen.

Obamas Rede sei gut gewesen, sagt er. „Er hat die Probleme von heute erkannt. Wir müssen zusammenarbeiten, um den Frieden zu wahren. Diese beiden großartigen Nationen müssen sich gegenseitig helfen, um jedem die Möglichkeit zu geben, über sein Leben zu entscheiden und in Freiheit zu leben.“

Nach der Rede war Halvorsen zu einem Dinner eingeladen: „Ich saß nur ein paar Tische entfernt von Obama.“ Obama speiste an einer langen Tafel mit 14 Gästen, darunter BDI-Chef Ulrich Grillo, Basketball-Star Dirk Nowitzki und DGB-Chef Michael Sommer. „Ich bin sehr stolz auf das, was er für Amerika macht, und dafür hab ich ihm alles Gute gewünscht.“

Auch Merkels Auftritt hat den ehemaligen Rosinenbomber beeindruckt. „Egal, was die anderen Länder über sie sagen – ich bewundere sie, sie ist eine sehr starke Frau“, sagt Halvorsen. Bei der Veranstaltung trug Halvorsen sogar eine schwarz-rot-goldene Krawatte. „Berlin ist für mich eine zweite Heimat“, sagt er. Und die deutsche Einheit seine „Herzensangelegenheit“.

1948 filmte der Pilot das zerstörte Berlin, direkt am Stacheldraht, der den Flughafen Tempelhof umgab. Da rannten an die 30 Kinder auf ihn zu und sagten, dass sie nichts besäßen und etwas von ihm wollten, irgendetwas. Er teilte seine beiden Streifen Kaugummi in vier Stücke und reichte sie durch den Zaun. Die Kinder seien so begeistert gewesen, sagt er, dass er ihnen versprochen habe: „Morgen werfe ich Schokolade und Kaugummi aus meinem Flieger ab.“

Woche für Woche hat er daraufhin Süßigkeiten durch einen Abwurfschacht geworfen, erzählt er, an Fallschirme aus Taschentüchern gehängt. Und wackelte beim Landeanflug mit den Flügeln, damit die Kinder ihn erkannten. „Was wir brauchen, ist Hoffnung“, wiederholt er. Auch heute noch. JULIA AMBERGER