Um Geld und grünes Licht

Keine Investoren, keine Staatsgarantien, kein Durchbruch: Die Vision eines Brückenschlages über den Fehmarnbelt zwischen Schleswig-Holstein und Dänemark hängt weiter in der Schwebe

Von Sven-Michael Veit

Ungewöhnlich schweigsam war gestern Peter Harry Carstensen. „Wir haben uns darauf verständigt, die Suche nach einem tragfähigen Finanzierungskonzept fortzusetzen“, war Schleswig-Holsteins gemeinhin wortgewaltigem CDU-Ministerpräsident lediglich zu entlocken. Dem Brückenschlag über den Fehmarnbelt zwischen Deutschland und Dänemark hatte er „zum Durchbruch“ verhelfen wollen in den vergangenen zwei Wochen in Gesprächen mit der dänischen Regierung und mit dem Hamburger CDU-Senat. Und „die grundlegende Bedeutung“ der Belt-Querung „für den ganzen Norden Europas“ hatte Carstensen noch am Mittwoch in einer Rede vor der Hanseatischen Wertpapierbörse beschworen.

Gestern bemühte er sich bei Bundesfinanzminister Peer Steinbrück um Geld und bei Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (beide SPD) um grünes Licht. Der Finanzminister habe „eine sorgfältige Prüfung der Pläne zugesagt“, verlautete es danach aus Berlin. Eine arg prosaische Umschreibung dafür, dass Steinbrücks Haus mit spitzer Feder zu rechnen gedenkt. Denn das Großprojekt, mit dem das letzte Hindernis für die freie Fahrt zwischen Gibraltar und dem Nordkap beseitigt werden würde, ist seit Jahren eine Vision. Eine unbezahlbare. Runde 20 Kilometer lang müsste die kombinierte Straßen- und Eisenbahnbrücke werden, die Zahl ist bekannt. Zwischen 5,2 und um die neun Milliarden Euro schwanken hingegen die Kostenvoranschläge. Eine Größenordnung, die jeden Finanzminister zurückhaltend werden lässt.

Als Wirtschaftsminister in der rot-grünen Regierung in Kiel war Steinbrück noch ein glühender Verfechter der Belt-Querung. Kaum einen Anlass ließ er ungenutzt, den ablehnenden Koalitionspartner zu reizen, kaum einen Versuch unterließ er, beim Finanzminister in Berlin Geld zu fordern. Sein Parteifreund Hans Eichel zeigte sich ebenso reserviert wie nun sein Nachfolger Steinbrück: Staatliche Bürgschaften sind beiden zu riskant.

Denn der größte Brückenschlag Europas ist nur mit privatem Geld zu machen. Die Dänen sind bereit, das wirtschaftliche Risiko von Investoren mit Staatsgarantien abzusichern, Deutschland nicht. Er vermisse „eine klare Konzeption und genaue Zahlen“, hatte Steinbrück bereits Ende Januar erklärt. Und diese Position ist der Mann, der aus seinem früheren Kieler Amt Konzeptionen und Kalkulationen noch bestens kennen dürfte, nicht zu räumen bereit.

Alle Rechnungen haben bislang zum immer gleichen Resultat geführt: Das Kosten-Nutzen-Verhältnis kann nur mit Glück positiv ausfallen. Über Mauteinnahmen würden Investoren ihre Kosten nur bei sehr hohen Verkehrsaufkommen und nach frühestens 20 Jahren amortisieren können – und dieses Risiko mit Staatsgarantien zu decken, ist selbst Steinbrück arg heikel.

Gar nicht schweigsam hingegen zeigten sich gestern die schleswig-holsteinischen Grünen. Knapp 40 Minuten „Zeitvorteil gegenüber einem optimierten Fährkonzept“, rechnete ihr Finanzpolitiker Klaus Müller vor, bedeuteten bei der günstigsten Kostenvariante von 5,2 Millionen Euro immerhin noch „140 Millionen pro Minute“. Das sei viel Geld, ätzte der Mann, der als Umweltminister in Kiel mit Steinbrück am Kabinettstisch saß, „für heiße Luft à la Carstensen“.