Metaller dürfen als Erste nach Hause

Der öffentliche Dienst hat schon jetzt eher lange Arbeitszeiten – anders als die Druck- und Stahlindustrie

Arbeitgeber verweisen gerne auf die Beamten – denn die müssen neuerdings auch länger arbeiten

BERLIN taz ■ In diesen Tagen des Streiks im öffentlichen Dienst wird gerne auf andere Branchen verwiesen. Die Argumentation: ArbeitnehmerInnen in so vielen anderen Sektoren müssen auch länger ackern als die 38,5 Wochenstunden im öffentlichen Dienst im Westen. Daher sollten sich die Staatsbediensteten doch bitte nicht so haben, nur weil sie jetzt 18 Minuten länger pro Tag arbeiten sollen – und dann eine 40-Stunden-Woche hätten.

Das Argument stimmt so aber nicht. Tatsächlich liegen die Beschäftigten im öffentlichen Dienst im oberen Mittelfeld der Arbeitszeiten. Nach den Zahlen aus dem WSI-Tarifarchiv der gewerkschaftseigenen Hans-Böckler-Stiftung betrug die durchschnittliche tarifliche Wochenarbeitszeit der gesamten Wirtschaft Ende 2004 im Westen 37,4, im Osten 39 Stunden.

In der Eisen- und Stahlindustrie, in der Metallindustrie, in der Druckindustrie im Westen steht die 35-Stunden-Woche im Tarifvertrag (Osten: 38 Stunden), auch wenn in einzelnen Betrieben nach oben abgewichen wird. Im Bauhauptgewerbe allerdings galt sowohl im Osten als auch im Westen Ende 2004 noch die 39-Stunden-Woche, die inzwischen sogar auf 40 Stunden verlängert wurde.

Ein oft vorgebrachtes Argument der Arbeitgeber ist jedoch der Verweis auf die bereits verlängerte Wochenstundenzahl bei den Beamten der Bundesländer. Dort werden die Arbeitszeiten vom Gesetzgeber und nicht per Tarifverhandlungen festgelegt. So müssen die Beamten in Bayern und Hessen, gestaffelt nach Alter, inzwischen bis zu 42 Wochenstunden ackern. Auch in Thüringen gilt die 42-Stunden-Woche.

Da die Bundesländer die tariflichen Arbeitszeitvorschriften gekündigt haben, müssen dort neu beschäftigte oder beförderte Angestellte ebenfalls schon Arbeitszeiten von 40 oder gar 41 Stunden hinnehmen. Für bereits bestehende Arbeitsverträge gelten allerdings noch die alten Arbeitszeitvorschriften. Diese Beschäftigten arbeiten also 38,5 Stunden (im Westen) bzw. 40 Stunden (im Osten).

Haben wir früher länger gearbeitet? In der jüngeren Vergangenheit nicht. Im Westen lag die Durchschnittsarbeitszeit vor zehn Jahren auch bei 37,4 Stunden, im Osten immer etwas höher. BD