Hamburger SV: Hamburg, meine Perle

Sportsfreunde singen für ihr Leben gern. So lange in der Fußball-Regionalliga der Ball ruht, stellen wir hier die schönsten norddeutschen Vereinshymnen vor – und die schlimmsten.

Die offizielle HSV-Hymne „HSV forever“ soll mit englischen Refrains Internationalität vorgaukeln. Dazwischen Reim-dich-oder-ich-fress-dich à la „und eines ist doch klar / du bist wunderbar“ oder „wir sind meisterhaft / Hamburg ist die Macht“, ein bisschen 90er-Bombast-Rock, ein paar Synthie-Sounds – belanglos. Zumal diese Hymne keinen interessiert. Denn das wahre HSV-Lied ist Lotto King Karls „Hamburg, meine Perle“. Triefend heißt es da: „du wunderschöne Stadt / du bist mein zu Haus / du bist mein Leben“. Aber es enthält auch Ironie: Mit „wenn ich weit, weit weg bin, in Athen oder auf‘m Dom“, wird einerseits der Ort besungen, an dem der HSV sich 1983 zum Europapokalsieger krönte und der den HSV-Fans nicht nur geografisch verdammt fern erscheint. Und andererseits der Dom, jener Jahrmarkt, der zwar mitten in der Stadt liegt, aber den Schönheitsfehler hat, an das Stadion des Erzfeindes FC St. Pauli zu grenzen. Dabei schreckt der Text vor harten Worten nicht zurück: „Wenn du aus Cottbus kommst / kommst du eigentlich aus Polen“, spielt er auf rassistische Vorurteile an. Über die Hertha heißt es: „Wenn du aus der Hauptstadt kommst / scheißen wir auf dich und dein Lied.“ Dass im Saubersport Profi-Fußball derart Ungehobeltes in jedem Heimspiel live dargeboten wird, ist erstaunlich. Und das bei dem Club, der seinen mangelnden Erfolg stets mit einer Extraportion hanseatischer Distinguiertheit zu kompensieren sucht. Es muss ein Betriebsunfall sein, der aber schwer zu korrigieren ist: Lotto King Karl ist so ziemlich der einzige beim HSV, der länger als fünf Jahre an Deck ist. Der Fan-Aufstand wäre fürchterlich, würde man Hand an sein Lied legen.  JANK