DAS ENTSCHEIDENE DETAIL
: Schön zurechtgestutzt

PIRATEN Der neue Berliner Fraktionschef Höfinghoff weist seine Presseabteilung in die Schranken. Er hatte auch keine Alternative

Manchmal kann es nötig werden, auch vermeintliche Selbstverständlichkeiten noch einmal aufzuschreiben. Zum Beispiel Sätze wie diesen: „Es ist nicht Aufgabe der Pressestelle, Interviews von Fraktionsmitgliedern elektronisch aufzuzeichnen und zu speichern.“ Seit Freitagabend ist diese Regel mehrheitlich per Onlineverfahren von der Berliner Piratenfraktion beschlossen – als Teil ihrer neuen „Richtlinien“ zur Pressearbeit.

Der Antrag soll laut Beschluss dazu dienen, „die Pressearbeit der Fraktion zu optimieren“. De facto stutzt das Regelwerk eine unter der Regie der Pressechefin Chris Linke – übrigens und ganz nebenbei erwähnt die Mutter der Lebensgefährtin vom Berliner Exfraktionsvorsitzenden Christopher Lauer – zu irritierender Form aufgelaufene Pressestelle zurecht. Interviews der Abgeordneten mit Journalisten nicht nur mitzuschneiden, sondern auch noch zu archivieren – das wäre selbst für den mit Polit-PR-Innovationen bestens versorgten Hauptstadtbetrieb unbekanntes Land gewesen. Und so ziemlich das Gegenteil jenes „neuen“ Politikstils, für den die Piraten 2011 ins Hauptstadtparlament gewählt wurden.

Mit den Presse-„Richtlinien“ setzt der neue Fraktionschef Oliver Höfinghoff eine erste Wegmarke. Frei nach dem Motto: KONTROLLE ist uncool, Service ist besser. Oder, im zeitlos schönen Antragswortlaut: „Die Arbeit der Pressestelle ist eine Dienstleistung für die Fraktion.“ Was aber, fragt man sich, wäre die Alternative? Dass die Fraktion als Dienstleister der PR-Abteilung fungiert? Das Papier, versichert Höfinghoff, solle schlicht „für Klarheit sorgen“. ASTRID GEISLER