Mehrere Ernten fallen aus

KATASTROPHE Das Hochwasser an Elbe, Saale und Donau hat vor allem Wiesen und Äcker überflutet. Der Schaden für die Landwirte könnte eine halbe Milliarde Euro betragen

VON RICHARD ROTHER

BERLIN taz | Der Bauernverband befürchtet noch höhere Verluste für die Landwirte in den deutschen Hochwassergebieten und macht sich für schnelle Soforthilfen stark. „Ich schließe nicht aus, dass bei der Schlussbilanz der derzeit geschätzte Schaden von 430 Millionen Euro weiter nach oben verändert werden muss“, sagte Bauernpräsident Joachim Rukwied der Nachrichtenagentur dpa. Bis durchnässte Böden wieder tragfähig seien, könne es bis in den Winter dauern. „Nach der Vernichtung dieser Ernte wäre auch eine Herbstbestellung möglicherweise nicht machbar.“ Geschädigte Bauern müssten in den geplanten Fluthilfefonds von Bund und Ländern aufgenommen werden.

Bund und Länder stellen für die Beseitigung der Schäden in den Hochwassergebieten bis zu acht Milliarden Euro bereit. Der Fluthilfefonds soll Privathaushalten, Unternehmen sowie Städten und Gemeinden zugute kommen. Der Fonds soll einspringen, wenn Schäden nicht durch Versicherungen oder über andere Wege abgesichert sind.

„Wir fordern, vom Hochwasser betroffenen Bauern zu helfen, indem sie 500 Euro pro Hektar als Soforthilfe bekommen“, sagte Rukwied. So könnten sie Futter für ihre Tiere kaufen, laufende Rechnungen zahlen und den Betrieb weiterführen. „Da stehen Existenzen auf dem Spiel.“ Allein die Schäden an Gebäuden und Betriebseinrichtungen würden auf mindestens 100 Millionen Euro geschätzt.

Problematisch ist die Lage auch für Bauern, deren Weideflächen überflutet wurden – selbst wenn das Wasser wieder abgelaufen ist. Kühe und Pferde dürfen erst wieder weiden, wenn die Ämter die untersuchten Wiesen wieder freigeben. Möglich ist, dass Weiden noch monatelang gesperrt blieben. Dann müssen die Bauern auf Reserven zurückgreifen. Zudem können sie auf überfluteten Wiesen kein Heu für den nächsten Winter ernten, um Vorräte anzulegen.

Besonders betroffen ist Sachsen-Anhalt, wo nach einem Dammbruch bei Fischbeck die Elbe weit ins Hinterland fließen konnte. In dem Bundesland sind etwa zehn Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche überflutet worden – in vorindustriellen Zeiten hätten solche Ertragseinbrüche zu regionalen Hungersnöten geführt.

Die Deutsche Bahn rechnet nach dem jüngsten Hochwasser mit Schäden in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro, ist aber womöglich nicht in allen Fällen dagegen versichert. „Es gibt keinen generellen, expliziten Versicherungsschutz gegen Hochwasserschäden“, sagte ein Bahnsprecher. Der Spiegel berichtet, dass Ex-Bahnchef Hartmut Mehdorn die Versicherung gegen Hochwasserschäden 2007 aus Kostengründen kündigte, sein Nachfolger habe diese Politik beibehalten. Im Aufsichtsrat des bundeseigenen Konzerns soll Unmut herrschen. „Die Bahn weiß genau, dass am Ende eh der Bund bezahlt. Da hat sie sich die Ausgaben wohl einfach gespart“, wird ein Mitglied zitiert.