„Der Zweck heiligt die Mittel“ – drei Monate lang

Stefan Teßmer, Mitorganisator der Bürgerparktombola, über Lose, Lautsprecher und wie man die einen mit Hilfe der anderen verkauft

taz: Herr Teßmer, wie verkauft man viele Lose?

Stefan Teßmer, langjähriger Mitorganisator der Bürgerparktombola: Ein Patentrezept gibt es nicht. Immer wichtig ist das Wetter und die Stimmung der Bremer. Und dass sie Geld in der Tasche haben. Am Monatsanfang verkaufen wir mehr Lose als am Ende, wenn das Portemonnaie schon deutlich leerer ist.

Was macht einen guten Losverkäufer aus?

Die Losverkäuferinnen, meinen Sie? Die zeichnet natürlich das Lächeln aus.

Männer gibt es da gar nicht?

Nein – weil wir festgestellt haben, dass Frauen einfach mehr Lose verkaufen.

Haben Sie es schon einmal mit Männern versucht?

Ja doch – teilweise aus Spaß, teilweise ernsthaft. Es funktioniert nicht so. Wir verkaufen mit Männern deutlich weniger Lose.

Auch mit Bürgermeistern?

Nein. Ob Hartmut Perschau oder Henning Scherf: Das hat sehr gut funktioniert. Das liegt aber daran, dass das Prominente sind.

Bei den Ansagern ist es umgekehrt: Das sind bloß Männer.

Weil es von der Stimme her angenehmer ist. Gerade wenn man das Gewinngeschehen etwas dramatisieren will, wenn etwa gegen Ende der Lotterie der Hauptgewinn noch nicht gewonnen ist – da gleitet das bei Frauen dann eher ins Schrille ab. Das wird für alle Beteiligten dann äußerst unangenehm.

Welche Rolle spielen die Ansagen denn überhaupt?

Sie sind das zentrale Element dieses ganzen Losverkaufs. Wenn uns die Technik mal ausfällt und wir keine Ansagen machen können, etwa, weil ein Verstärker durchgebrannt ist, dann bricht der Umsatz um bestimmt die Hälfte ein.

Viele empfinden die Ansagen als akustische Belästigung.

Es gibt bei der Tombola nichts, das dermaßen polarisiert. Die einen nehmen sie hin, die anderen finden sie originell, und dann gibt es welche, die finden sie einfach furchtbar. Ich würde sagen: Der Zweck heiligt die Mittel in diesem Fall.

Drei Monate sind aber eine lange Zeit.

Das könnte man so sehen. Ich sehe es so: Es sind nur drei Monate. Und die Akzeptanz der Tombola bei den Bremern ist sehr hoch. Wir merken das ja an den Losverkäufen.

Die sinken seit Jahren, und mit ihnen die Erträge. Ist „Tombola“ ein Auslaufmodell?

Nein. Unsere Rückgänge liegen deutlich unter denen anderer Unternehmen. Im letzten Jahr etwa haben wir zwei Prozent Umsatz eingebüßt. Die Ladengeschäfte um uns herum lagen bei minus 15 bis 30 Prozent.

Wie sieht denn der typische Loskäufer aus?

Er ist meist Bremer, Angestellter, zwischen 30 und 39 Jahre alt, männlich, und Stammkunde. Diese Leute sprechen wir an. Mit der Möglichkeit, das Gute mit dem Nützlichen zu verbinden: Geld für die Bremer Parks zu spenden und zugleich etwas gewinnen zu können – von der Packung Kekse bis hin zum Auto.

Gutes tun? Den Grünanlagen kommt doch nur ein Drittel des Tombola-Erlöses zugute.

35 Prozent, im letzten Jahr! Das brachte Bremens Grün 325.000 Euro ein. Dafür müsste sonst vielleicht die Stadt eintreten. Natürlich verursacht die Tombola selbst auch erhebliche Kosten. Wir haben, aufs Jahr hochgerechnet, rund 15 Vollzeitstellen. Außerdem sind nicht alle Gewinne gespendet. Die meisten Autos etwa, die wir verlosen, sind von den Firmen nur mit großzügigen Rabatten versehen. Ohne diese zugekauften Gewinne könnten wir die Tombola aber überhaupt nicht veranstalten.

Kaufen Sie selbst auch Lose?

Nein. Mitarbeiter der Tombola dürfen keine Lose kaufen.

Interview: Armin Simon