Stasi on Ice

Das deutsche Eiskunstlaufpaar Sawtschenko/Szolkowy scheitert im Kurzprogramm an seinen von den Querelen um Trainer Ingo Steuer angegriffenen Nerven

AUS TURIN DORIS HENKEL

Sie trugen die Zeichen der Niederlage. Aljona Sawtschenkos Wimperntusche war zerlaufen, Robin Szolkowys Blick suchte Halt im Nirgendwo. Ingo Steuer stand daneben, aschfahl, und sosehr er sich Mühe gab, die Sache positiv zu sehen, so wenig passten seine Worte zu den Gesichtern seiner Läufer. „Nach den letzten 14 Tagen war das eine starke Leistung.“ Das kann man so sehen, doch nichts führt an der Erkenntnis vorbei, dass die EM-Zweiten nach Platz sieben im Kurzprogramm keine allzu große Chance mehr auf eine Medaille haben. Nicht wegen des Rückstands; der beträgt weniger als vier Punkte auf Platz zwei, und das wäre nach dem neuen Wertungssystem mit einer starken Kür aufzuholen. Fragt sich allerdings, ob die anderen das zulassen werden. Gemessen an der Leistung der ersten sechs Paare, müsste heute Abend bei der Entscheidung alles optimal laufen.

Vielleicht war die Medaille verloren, als sich Aljona Sawtschenko bei der Landung nach dem dreifachen Wurf-Salchow mit der Hand auf dem Eis abstützen musste. Die Abzüge dafür und für einen weiteren Fehler akzeptierte sie klaglos: „Es ist alles unsere Schuld.“ Fehler gehören zum Sport wie zum Leben, wobei sich in diesem Fall natürlich die Frage stellt, wie eng sie mit den Ereignissen der letzten zwei Wochen verbunden sind. Die Enthüllung von Steuers Vergangenheit als IM der Stasi, sein Gang vor Gericht, um seine Anwesenheit in Turin gegen das Nationale Olympische Komitee durchzusetzen, die Diskussionen, Vorwürfe und Rechtfertigungen, das sei alles zu viel gewesen, sagt Sawtschenko, der Auftritt in der Kurzkür habe genau zu diesen beiden Wochen gepasst. Ob es anders gelaufen wäre, hätte Steuer darauf verzichtet, das Ticket nach Turin vor Gericht zu erzwingen? Schwer zu sagen angesichts der engen Beziehung zwischen dem Trainer und seinem Paar. Auf die Frage, ob er sich irgendwie um den Lohn seiner Arbeit gebracht fühle, atmete Szolkowy tief durch und meinte dann: „Es wäre eine andere Leistung möglich gewesen.“ Aber jetzt lässt sich nichts mehr rückgängig machen, jetzt gibt es nur noch eines, sagt Steuer: „Wir sind stark, und wir werden kämpfen in der Kür.“

Kämpfen – davon versteht auch Eva-Maria Fitze eine Menge, denn sonst hätte sie es nicht geschafft, doch noch bei den Olympischen Spielen zu landen. Nach allem, was ihr in ihrem Leben widerfahren ist: Aufstieg und Erfolg als Einzelläuferin in ganz jungen Jahren, auch daraus resultierend der Absturz in die Bulimie, die quälende Therapie, schließlich der Wechsel von München nach Chemnitz und vom Einzellauf zum Paarlauf als Partnerin von Rico Rex. Auch in Chemnitz gab es Probleme, und als sich Ingo Steuer kurz vor Weihnachten von den beiden mit dem Argument trennte, sie zögen bei der Arbeit nicht richtig mit, deutete nicht mehr viel auf ein glückliches Ende dieser Geschichte hin.

Doch seit der Qualifikation für Olympia fühlt sich Fitze wie von einer Last befreit, und so läuft sie nun im letzten Wettbewerb ihrer wechselvollen Karriere mit einem Lächeln auf den Lippen. Einem echten, das von ganz innen kommt. Dass sie nach Platz 16 in der Kurzkür bei der Entscheidung keine große Rolle spielen wird – geschenkt. Für sie zählen andere Werte. „Olympische Spiele waren immer mein Traum.“ Sie wird ihre letzte Kür genießen, komme, was da wolle.