Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Der Karikaturenstreit zeigt das tiefe Bedürfnis der Beteiligten, beleidigt zu sein. Der Streik im öffentlichen Dienst wird von den Steuerzahlern beendet. Aber der Fortfall des Weihnachtsgelds kann nicht wirklich empören

Joschka Fischer als Übervaterder Grünen? Da fragt sich:Wie lange wollen die Grünen denn nochzum Übervaternherhalten?

taz: Was war schlecht in der letzten Woche?

Friedrich Küppersbusch: Verstehe nicht, warum Müntefering es drauf anlegt, dass die SPD aus ihm austritt.

Was wird besser in dieser?

Merkel wartet cool ab, dass Müntefering sich für schlechteres Wetter und hohe Niederlagen bei der Weltmeisterschaft verantwortlich erklärt.

Der Streit um die Mohammed-Karikaturen nimmt kein Ende. Sind wir schon im so genannten Krieg der Kulturen?

Nein, im Schlaraffenland der Empörkömmlinge. Die widerstreitenden Lager haben tiefe, innige Übereinstimmung im dringenden Bedürfnis, beleidigt zu sein. Ein Akt der Annäherung.

Der Chefredakteur der dänischen Zeitung Jyllands Posten, die mit dem Abdruck der Zeichnungen die Welle der weltweiten Proteste ausgelöst hatte, kündigte Zurückhaltung seines Blattes an. Jyllands Posten werde „nichts unternehmen, wodurch neues Benzin ins Feuer gegossen wird“, schreibt der Mann. Ist das pure Heuchelei?

Nö, strunzdummer Größenwahn.

Ende letzter Woche mussten Exaußenminister Fischer und Nachfolger Steinmeier in Sachen Geheimdienstskandale vor dem Parlamentarischen Kontrollgremium aussagen. Geheim natürlich. Ist es nicht verdächtig ruhig um die Affären der Schlapphüte geworden?

Beide sind beschädigt. Mehr wollten die Urheber nicht. Bei den Grünen mag ein Motiv sein, ihren heimlichen Vorsitzenden nicht öffentlich bloßzustellen.

Wie lange muss Fischer noch als Übervater herhalten?

Wie lange wollen die Grünen noch zum Übervatern herhalten? Zeigte Fischer eine mit seiner Person verbundene Perspektive auf, wäre es eine vernünftige Güterabwägung: Der Alte führt den Laden zu neuen Zielen, also sollten wir ihn unterstützen. Ein Austragsbauer hingegen, der seinen täglich Lobpreis hören möchte, statt dass die jungen Leute säen gehen, ruiniert den Hof.

Alle Bänder stehen still, wenn … Der Streik im öffentlichen Dienst soll ausgeweitet werden. Die Gewerkschaft Ver.di will damit eine Rückkehr zur 40-Stunden-Woche verhindern. Kann das gut gehen?

Ja. Die öffentlichen Arbeitgeber werden, ersten Vorschlägen Becks und Öttingers folgend, teilweise Lohnausgleich für die Arbeitszeitverlängerung anbieten. Sie liefern damit die von der Industrie gewünschte bench mark „länger arbeiten“ und lassen es die Steuerzahler bezahlen. Die Gewerkschaften werden noch tiefer in das Elend getrieben, die Interessen der Mitglieder, denen man „mehr Geld“ als Erfolg verkaufen wird, vor allem gegen die Interessen der Arbeitslosen durchzusetzen.

Die Regierung will künftig auf das Weihnachtsgeld verzichten. Regierungsmitglieder sollen ab sofort keine und Beamte nur noch die halbe Sonderzahlung zu Weihnachten bekommen. Ist Schwarz-Rot gerechter als wir dachten?

Stand so im Koalitionsvertrag. Soweit dies das Klischee bedient, dass sich die Politiker eh dumm und dusselig verdienen, ist es heikel. Sei’s drum: Beamte müssen nicht mehr wirklich mit allerlei Trösterchen für ihren sicheren Arbeitsplatz gekost werden.

Und was macht Borussia Dortmund?

Schlägt Köln direkt oder über den Umweg, dass Michael Meier den FC an die Börse bringt.

FRAGEN: WOLFGANG GAST