IRAK/GROSSBRITANNIEN: TONY BAIR HAT DIE ARMEE, DIE ER VERDIENT
: Tut es, aber lasst euch nicht erwischen!

Da sind sie wieder, die faulen Äpfel im ansonsten so einwandfreien Obstgarten. Schnell entschuldigen Regierung, Militärs und politische Kommentatoren die Misshandlung von Gefangenen im Irak durch britische Soldaten. Ein beliebter Kamerad sei zuvor getötet worden, sagen die Offiziere, und da wollte sich die Truppe an irgendjemandem rächen. Und die Zeitungen sekundieren von Fakten ungetrübt, dass die große Mehrheit der britischen Soldaten ihre Pflichten tadellos und mit Entschlossenheit unter widrigen Umständen erfülle.

Auch Verteidigungsminister John Reid wirbt um Verständnis für die Folterer. Er spricht von einem „ungleichen Schlachtfeld“, auf dem der Gegner nicht durch „Legitimität, Moral und internationale Konventionen behindert“ werde. Dabei ist das Schlachtfeld so ungleich gar nicht. Premierminister Tony Blair hat sich beim Angriff auf den Irak nicht um Legitimität und internationale Konventionen geschert. Warum sollte dann seine Truppe moralische Skrupel bei der Kriegsführung haben?

Die Regierung hat der Nation, zu der eben auch die Soldaten gehören, stets die moralische Überlegenheit Großbritanniens eingebläut. Das fällt in einem Land, dessen Imperium im vorigen Jahrhundert stetig zerbröckelte, auf fruchtbaren Boden. Vom einstigen Glanz des Weltreichs ist lediglich die Arroganz geblieben, über andere Nationen erhaben zu sein.

In der Armee ist diese Denkweise besonders verbreitet, denn es ist eine Berufsarmee. Die zieht nun mal eine besondere Spezies an, die nicht übermäßig intelligent ist, gern Rambo spielt und weiß, dass sie politische Rückendeckung hat. Foltervorwürfe werden nur dann untersucht, wenn es sich nicht mehr vermeiden lässt – aber ausreichende Mittel für eine halbwegs integere Untersuchung werden nicht zur Verfügung gestellt.

Voriges Jahr wurden drei Soldaten zu geringfügigen Gefängnisstrafen verurteilt, weil sie 2003 im Camp Bread Basket irakische Gefangene erniedrigt und geschlagen hatten. Der Soldat, der die Taten fotografiert hatte, bekam 18 Monate Jugendgefängnis und wurde unehrenhaft aus der Armee entlassen. Die Botschaft ist eindeutig: Tut es, aber lasst euch nicht erwischen! RALF SOTSCHECK