Firmen rüsten sich

VON BEATE WILLMS

Erstmals hat die für Menschen gefährliche Form des Vogelgrippevirus die Europäische Union erreicht – und die ersten deutschen Unternehmen kramen Notfallpläne für den Fall der Fälle heraus. Die Commerzbank hat bereits einen Plan, Continental, Infineon, RWE und SAP auch. Die Allianz kann ihn aus dem Plan für Epidemien ableiten, Schering arbeitet daran. Ebenso ist es bei einer Reihe anderer Dax-Unternehmen. Es sind Notfallpläne für die gefürchtete Pandemie, die sich aus der bisherigen Tierseuche Vogelgrippe entwickeln könnte.

Experten wie Christopher Schramm warnen davor, die Auswirkungen einer globalen Seuche zu unterschätzen. Der Unternehmensberater leitet den Bereich Sicherheits- und Krisenmanagement der Result Group in München. „Die finanziellen Ausfälle nehmen auch bei Unternehmen, die selbst gar nicht betroffen sind, schnell ein bedrohliches Ausmaß an.“

Im Prinzip muss sich jedes Unternehmen Gedanken über Gesundheitsvorsorge, Logistik, Lagerhaltung, den Umgang mit Geschäftspartnern und -reisen bis hin zur Sicherheit von IT-Strukturen machen. Ein komplexes Problem. Deshalb sind viele bislang auch noch damit beschäftigt, Experten ausfindig zu machen, mit denen sie sich im Ernstfall vernetzen können.

Das ist oft komplettes Neuland: Vorhandene Krisenpläne gehen meist davon aus, dass die Infrastruktur beschädigt ist – etwa durch eine Naturkatastrophe oder einen Terroranschlag – und Ausweichquartiere oder eine andere Energieversorgung notwendig sind. Allerdings gibt es seit dem 11. 9. 2001 und dem Ausbruch der Lungenkrankheit Sars in Südostasien vor zwei Jahren immer mehr Konzepte, die auch einen bakteriellen Angriff oder eine Seuche berücksichtigen. Der Unterschied: Dabei geht es auch um die Unterbrechung von Lieferströmen und den Ausfall der Belegschaft – nicht nur der eigenen. Alle direkten Treffen sind erschwert.

Besonders gut vorbereiten müssen sich deswegen Unternehmen mit persönlichem Kundenkontakt, also Verkehrsunternehmen einschließlich der Fluggesellschaften, der Einzelhandel, die Hotel- und Freizeitindustrie sowie die Kliniken – und bei der Vogelgrippe natürlich die Hersteller von Geflügelprodukten.

Bereits jetzt empfehlen deshalb etwa Lufthansa und BASF ihren Mitarbeitern, sich impfen zu lassen. Beide Unternehmen haben wie einige andere auch Medikamente für den Fall eingelagert, dass Beschäftigte erkranken. Bei der Deutschen Bank gibt es eine ausgefeilte und regelmäßig erprobte Telefonkette, die dafür sorgen soll, dass alle umgehend informiert werden – und möglicherweise daheim bleiben können.

Überhaupt arbeiten fast alle Unternehmen an der Frage, ob und wie Beschäftigte von zu Hause aus arbeiten können. Am weitesten ist vermutlich der Softwarekonzern SAP. Dort heißt es, „70 Prozent der Mitarbeiter können sofort auf Teleheimarbeit umsteigen.“ Zudem hat das Unternehmen ein besonderes Problem identifiziert, das Unternehmensberater für unterschätzt halten: den möglichen Ausfall von Topleuten und damit Entscheidern. Die Walldorfer haben ein System entwickelt, nach dem die wichtigsten Positionen in allen Regionen ruckzuck umgeschichtet werden können.

Viel handfester geht es allerdings in den Konzernen zu, die in den Gebieten produzieren, in denen das H5N1-Virus heute schon verbreitet ist. Metro hat seine Mitarbeiter in der Türkei angewiesen, immer Handschuhe zu tragen und täglich die Arbeitskleidung zu wechseln. Für Adidas-Beschäftigte an den Hauptproduktionsorten in Asien gelten klare Verbote: Sie dürfen kein lebendes Federvieh mit in die Fabrikküchen bringen und dort schlachten.