Stellingen wird Vegas

SPD kämpft weiter gegen einen Mega-Baumarkt an der Kieler Straße: „Standort völlig ungeeignet“. Politiker sorgen sich um Einzelhandel

„120 Bäume für einen ökologischen Baumarkt zu fällen, ist eine Farce“

Von GERNOT KNÖDLER

Stellingen droht ein neues Wahrzeichen: ein 32 Meter hoher Werbepylon, der den Weg zu einem Baumarkt der Firma Max Bahr weisen soll. Der Standort auf dem ehemaligen Telekom-Gelände an der Autobahnausfahrt Stellingen ist aus Sicht des Unternehmens ideal, „vollig ungeeignet“ findet ihn dagegen die Eimsbütteler SPD. Die Anwohner würden durch Licht, Lärm und Verkehr belästigt und eingesessene Geschäfte bedroht. 120 Bäume seien bereits gefällt worden. Der Senat will den nötigen Bebauungsplan notfalls von der Bürgerschaft beschließen lassen.

Max Bahr plant einen Baumarkt mit 15.000 Quadratmetern Verkaufsfläche. Die Firma will 20 Millionen Euro investieren und 100 bis 150 Leute beschäftigen. Nur mit einem solchen Maxi-Markt glaubt die Firma der stärker werdenden Konkurrenz Paroli bieten zu können. Vorsichtshalber hat sie sich das Grundstück gesichert, ohne dass es das Planrecht für einen Baumarkt an dieser Stelle gibt.

Mittlerweile sind die rechtlichen Voraussetzungen weit gediehen. Der Bebauungsplan ist fast fertig. „Es liegt ein Bauantrag vor“, sagt der Eimsbütteler Baudezernent Reinhard Buff. „Der wartet auf seine Vorweggenehmigungsreife.“ Damit Max Bahr loslegen kann, müssen die Abgeordneten der von Rot-Grün dominierten Bezirksversammlung dem Plan zustimmen. Der Eimsbütteler Stadtplanungsausschuss hat das Thema kürzlich vertagt.

Darüber, ob ein Mega-Baumarkt an dieser Stelle sinnvoll ist, gab es in der Stadtentwicklungsbehörde geteilte Meinungen. 2002 hielt man dort eine Mischung von Handwerkern, Dienstleistern und produzierendem Gewerbe für wünschenswert. Der damalige Bausenator Mario Mettbach (Schill-Partei) entschied sich für Max Bahr.

Die SPD-Bezirksabgeordnete Martina Koeppen vermag nicht zu erkennen, wo der Vorteil für die Kunden liegen sollte. Einer der vier Baumärkte in der Umgebung sei bereits geschlossen worden. Max Bahr werde seine kleine Filiale an der Kieler Straße wohl aufgeben. Ob sich das Fachgeschäft Lüdemann halten könne, sei fraglich. „Hier kann man noch Schrauben einzeln kaufen“, sagt Koeppen. Müsste das Geschäft schließen, wäre das ein großer Verlust. Unterm Strich gingen Arbeitsplätze verloren.

„Wir dürfen keinen Konkurrenzschutz betreiben“, hält Kerstin Feddersen von der Stadtentwicklungsbehörde dagegen. Im Rahmen der Zentrenplanung sei es zwar möglich, das Randsortiment etwa von Möbelhäusern zu beschränken. Ein Laden, der Bezirkszentren nicht schwäche, könne jedoch nicht verboten werden. Die Behauptung, die Kieler Straße könnte den Verkehr zu dem neuen Baumarkt nicht verkraften, sei absurd. „Es gibt Gutachten rauf und runter, die sagen, es gibt keinen Grund, in ein Wohngebiet abzufahren“, sagt die Sprecherin. Schleichwege brächten keinen Zeitgewinn.

Die vier Wohnblöcke im rückwärtigen Teil des Geländes besonders zu schützen, hält die Behörde für unsinnig. Als ehemalige Betriebswohnungen liegen sie wie der Rest des ehemaligen Postgeländes auf einer Fläche für Gemeinbedarf. Mit dem neuen Bebauungsplan soll die ganze Flache zum Kerngebiet werden. Die SPD will im hinteren Teil ein Wohngebiet einrichten.

„Wenn wir ein neues Wohngebiet auswiesen, würde das die Wohnungen besser stellen als heute“, sagt Behördensprecherin Feddersen. „Das können wir nicht machen, weil es dort emittierende Betriebe gibt, gegen die die Anwohner dann vorgehen könnten.“ Für die Wohnungen gebe es aber einen Bestandsschutz. Allein der Lärm der benachbarten Autobahn sei so groß, dass dort schwerlich ein allgemeines Wohngebiet ausgewiesen werden könne, sagt Baudezernent Buff.

Obwohl der Plan nicht feststeht, sind bereits die Bäume auf dem Gelände gefällt worden. „Dass man 120 Bäume fällt, weil man einen ökologisch nachhaltigen Baumarkt da hinsetzen will, ist eine Farce“, findet Koeppen. Schon im alten Bebauungsplan seien die Bäume nicht vorgesehen gewesen, sagt Buff. Es müsse aber Ersatz gepflanzt werden.