Zeman ernennt Vertrauten zum neuen Regierungschef

TSCHECHIEN Der Ökonom Jiri Rusnok, einst Minister in Zemans Kabinett, soll die neue Regierung führen

AUS PRAG ALEXANDRA MOSTYN

Tschechiens Präsident Milos Zeman testet seine Machtfülle aus: kurz bevor er am Mittwoch zu einem zweitägigen Besuch in Deutschland aufbricht, hat er noch kurzerhand eine Expertenregierung unter Führung des bekannten Ökonomen Jiri Rusnok nominiert. Mit der Ernennung Rusnoks zapft Zeman seine alten Kader an: Der heute 52-jährige Rusnok war von April 2001 bis Juni 2002 Finanzminister in Zemans damaliger Regierung. Mit der Ernennung der Expertenregierung lotet Zeman aus, wie weit er als Präsident einer parlamentarischen Demokratie gehen kann.

Die Parlamentspräsidentin Miroslava Nemcova, die als Kandidatin der bisherigen Regierungskoalition für den Posten des Regierungschefs auserkoren worden war, hat Zeman abgelehnt. Die bisherige Koalitionsregierung hatte nach einem Korruptions- und Abhörskandal um Ministerpräsident Petr Necas abtreten müssen. Für die designierte Regierungschefin Nemcova hätte sich sogar eine Mehrheit im tschechischen Abgeordnetenhaus gefunden. Mit einer solchen Mehrheit kann Zemans Expertenkabinett nicht rechnen. Denn nicht nur die bisherigen Regierungsparteien sind gegen die ungewählte Regierung, die über grundlegende Schritte wie den Ausbau des AKW Temelin entscheiden könnte, auch die Opposition fordert Neuwahlen.

Die Frage ist jetzt, wie das machtpolitische Fingerhakeln zwischen Präsident und Parlament weitergehen wird. Wenn die Expertenregierung nicht vom Parlament bestätigt wird, sollte Zeman einen zweiten Versuch der Regierungsbildung machen.

Allerdings schreibt die tschechische Verfassung nicht vor, in welchem Zeitraum der Präsident eine neue Regierung ernennen muss. Theoretisch könnte also das Zeman’sche Expertenkabinett bis zu den regulären Wahlen im Mai 2014 als Regierung in Demission regieren. Verhindern könnte dies nur das Parlament, indem es sich selbst auflöst. Dazu wäre eine Zweidrittelmehrheit an Stimmen nötig. Mit der Weigerung, die gewählte Regierung ohne den gestrauchelten Necas bis zum Ende der Legislaturperiode regieren zu lassen, stellt sich Zeman als Staatsoberhaupt demonstrativ über den politischen Souverän.