Die Bevölkerung muss ernährt werden“

Red Snapper, Dorade rosé und roter Fusilierfisch: Noch bis heute läuft in Bremen die Fischmesse. Protest gibt es auch, aber der zählt wenig

Von Miesmuscheln, Seeteufeln und Sushi über modernste Theken und Injektionssalzgeräte bis hin zu Köpfmaschinen und Fischgrätenziehern – auf der Fischmesse „fish international 2006“ ist alles vertreten, das den Laien staunen und den Fachmann träumen lässt. Und weil eine so große Messe das – messemäßig – eher kleine Bremen enorm ziert, überschlugen sich bereits die Komplimente: Für den deutschen Markt sei sie die wichtigste Fischfachmesse, so Wirtschaftssenator Jörg Kastendiek (CDU). „Das ist die einzige internationale Fachmesse in Bremen“, so Pressesprecherin Christine Glander.

Rund 400 Aussteller aus 42 Ländern sind auf der zehnten „fish international“ verteten, darunter befinden sich Unternehmen aus Vietnam, Spanien, Frankreich, Indien, Ecuador oder Singapur.

Die Messe ist zentraler Treffpunkt für Fischhändler, Einkäufer, Anbieter und Produzenten und präsentiert die Trends der Branche: So wird der vietnamesische „Rote Fusilierfisch“ erstmalig in Deutschland vorgestellt, außerdem findet auch der Süßwasserfisch Pangasius in Bio-Qualität Beachtung. Matthias Keller vom Fischinformationszentrum FIZ, auch mit Stand auf der Messe vertreten, kritisiert allerdings den Begriff „Bio-Qualität“: „Alle Welt schreit nach Bio, aber was ist das eigentlich? Für mich ist Bio-Fisch jeder Fisch, der nicht gezüchtet worden ist und sich selbst im Meer ernährt hat. Die Verbraucher hingegen verlangen Fisch aus kontrollierten Becken, das ist in meinen Augen aber kein richtiger Bio-Fisch.“

In gläsernen Theken, bedeckt mit Eissplittern, glitzern exotische Fische wie Red Snapper, Papageienfische oder rosa Doraden im Scheinwerferlicht. Die enden nach der Messe jedoch als Tierfutter, sagt ein FIZ-Mann.

Aber auch lebendige Meereswesen lassen sich von den Besuchern bewundern: Armenische Süßwasserkrebse faszinieren mit ihrem bizarren Bewegungsapparat, riesige norwegische Königskrabben und Hummer glotzen durch die Aquariumscheiben. Und ein noch ein Meeres-Exemplar hat auf der Messe seinen Platz gefunden: die Meerjungfrau. Um Besucher anzulocken, trägt sie nur BH und Flossen, ziert solcherart den Stand einer Fischfeinkost-Firma und ist genervt: „Ich muss mir ziemlich viele Sprüche anhören – einer hat zu mir gesagt: wie groß muss das Aquarium sein, damit ich dich behalten kann? Das war sogar noch harmlos.“

Die Messe ruft auch KritikerInnen auf den Plan, nämlich die Tierrechtsorganisation PETA: Mit Plakaten („Fischindustrie: Hölle auf Erden“) wollen die Aktivisten Konsumenten darauf aufmerksam machen, dass auch Fischfang Tierquälerei ist. Tanja Breining, Meeresbiologin bei PETA, sagt deutlich: „Jedes Jahr tötet die Fischindustrie 150 Millionen Tonnen Fisch. Das ist furchtbar, denn die Bedingungen beim Fischfang sind schrecklich, die Fische werden bei lebendigem Leibe zerquetscht. Nur weil Fische nicht schreien können, heißt das nicht, dass sie keine Schmerzen empfinden.“ Doch der Protest fällt nicht laut aus: Nur wenige demonstrieren vor den Messehallen, die Messebesucher gehen an ihnen vorbei.

Die Aussteller sehen die Kritik naturgemäß gelassen. „Fischfang ist keine Tierquälerei, solange man für Bestandshaltung einerseits und sofortige Tötung andererseits sorgt“, so Uwe Koch-Bodes, Aussteller aus Bremen. „Die Bevölkerung muss ja irgendwie ernährt werden.“

Monika Sowinska