abschiebeurteil
: Gesetze gegen die Willkür

Das Verwaltungsgericht Münster hat das Nahe liegende verkündet: Ein dreizehnjähriger Junge darf nicht nach Angola abgeschoben werden. Das Urteil ist nicht spektakulär – haarsträubend ist, dass der Junge überhaupt ausreisen sollte. Angola gehört zu den unsichersten Staaten der Welt, seit 26 Jahren tobt ein Bürgerkrieg in dem westafrikanischen Land, Krankenhäuser verfügen nicht mehr über Medikamente, Schulen haben keine Bücher, seit vierzehn Jahren konnten die BürgerInnen nicht mehr wählen. Der Dreizehnjährige hat in Angola keine Verwandten, seine Eltern sind verschwunden. Wie hätte er überleben können? Jugendliche in dem Alter dürfen in Deutschland nicht einmal ein Bier trinken oder in die Disko gehen.

KOMMENTAR VONANNIKA JOERES

Das Gerichtsurteil ist nicht nur eine Selbstverständlichkeit, es hat auch System: In den vergangenen Monaten mussten SchülerInnen, die Härtefallkomission des Landes und immer auch Gerichte darauf drängen, Not leidende und in Deutschland aufgewachsene Menschen hier leben zu lassen. Nach monatelangen Demonstrationen wurde so die Abschiebung in den Kosovo einer fünfköpfigen Familie aus dem siegerländischen Freudenberg kurzfristig ausgesetzt.

Asylsuchende sind dem Wohl und Wehe der Behörden ausgesetzt, wenn sie Glück haben, zünden NachbarInnen und Freunde ein paar Kerzen für sie an. Die Mehrzahl der vor Krieg oder Armut flüchtenden Menschen kennt hier aber niemanden. Das Zuwanderungsgesetz muss endlich verbindliche Kriterien für die Anerkennung schaffen. Verbindliche – und menschliche: Im vergangenen Jahr wurde nur ein Prozent der Asylsuchenden anerkannt. Gleichzeitig ging die Zahl der BewerberInnen um zwanzig Prozent zurück. Die weltweiten Krisen hingegen wurden mehr. Niemand darf nach Angola abgeschoben werden. Darauf sollten nicht erst RichterInnen am Münsteraner Gericht hinweisen müssen.