„Es geht um Lobby-Interessen“

Rinder statt Kinder: Schwarz-gelb steckt zuviel Geld in die Landwirtschaftskammer, sagt der Grüne Johannes Remmel

taz: Herr Remmel, die Grünen protestieren gegen den Haushaltsentwurf. Wo sollte die Landesregierung besser sparen?

Die Frage ist doch nicht, wo kann man sparen, sondern was ist zwingend notwendig. Im öffentlichen Interesse ist etwa eine gute Ausstattung im Kinder- und Jugendbereich, eine flächendeckende Versorgung mit Frauenhäusern und der Verbraucher- und Umweltschutz, alles Bereiche, wo die Landesregierung erheblich spart. Sparen kann man an anderen Stellen, etwa bei der Reiterstaffel oder der Landwirtschaftskammer.

Rüttgers sagte, jeder werde die Sparmaßnahmen zu spüren bekommen. Macht Schwarz-gelb mit der Haushaltskonsolidierung Politik?

Die Landesregierung versucht, eine Soße über die ganzen Kürzungsoperationen zu gießen. Sie kann und will sich politisch nicht mit einzelnen Kürzungen auseinander setzen. Angeblich werden alle gleich behandelt, was nicht stimmt, wie man am Beispiel der konventionellen Landwirtschaft sehen kann. Hier gilt offensichtlich: „Rinder statt Kinder“.

Sie kritisieren besonders die erhöhte Förderung der Landwirtschaftskammer. Warum?

Es geht um die Befriedigung von Lobby-Interessen und nicht darum, ein angemessenes Finanzierungskonzept für die Landwirtschaftskammer zu erstellen. Ein Gutachten sollte herausstellen, welche Finanzierungsaufgaben staatlich sind und welche der Kammer selbst zuzurechnen sind. Schwarz-gelb begründet mit dem Gutachten eine Erhöhung der Förderung um 17 Millionen. Dabei zeigt es, dass die Gemeinkosten zu hoch und intransparent sind und vieles drastisch gekürzt werden könnte.

Uhlenberg sagt, die Förderung der Kammer sei unter Rot-Grün stark beschnitten worden.

Zu Recht. Auch das Gutachten zeigt, dass sie noch weiter schrumpfen kann. Es gilt, frischen Wind herein zu lassen und zu fragen: Brauchen wir diesen mittelalterlichen Zunftsozialimus von Handwerkschaftskammer, Landwirtschaftskammer und Industrie- und Handelskammer in dieser Form noch?

Betrachten Sie den schwarz-gelben Sparkurs als die große Wende in der Landespolitik?

Die Landesregierung handelt wie ihre Vorgänger unter dem Druck, begrenzte Mittel zur Verfügung zu haben. Die große Wende ist, das nun im Bereich Ehrenamt, Umwelt- und Verbraucherschutz und Sozialprävention Strukturen bewusst kaputt gemacht werden. Das wird ein sehr kaltes NRW.

INTERVIEW: GESA SCHÖLGENS