CDU mault über Böhrnsens forschen Start

Trotz der existenzbedrohenden Lage seines Bundeslandes hat Jens Böhrnsen auch nach 99 Tagen die Freude am Amt des Präsidenten des Senats nicht verloren. Die CDU bittet derweil darum, mehr von dem SPD-Mann umarmt zu werden

Bremen taz ■ „Ich gehe jeden Tag gern ins Rathaus und möchte das noch ganz, ganz lange tun.“ Mit diesem Bekenntnis begann Bürgermeister Jens Böhrnsen gestern seine Bilanz nach 99 Tagen. Er wolle „im Dialog mit den Menschen die Dinge angehen“, habe an Eiswette und Schaffermahl teilgenommen und den späten Heiligen Abend mit den Obdachlosen im Konsul-Hackfeld-Haus verbracht. Demnächst treffe er sich mit den Bürgermeistern der Region, wolle „gemeinsam mit Oldenburg“ einen Vorschlag für die Metropolregion Bremen/Oldenburg machen und den Bremer Sitz im Präsidium des Städtetages wahrnehmen – merke: Die notleidenden Städte können wichtige Verbündete sein im Streit um die Finanzausstattung Bremens.

Ein Bürgermeister also voller Tatkraft, der den Koalitionspartner im Grunde nicht braucht. Entsprechend maulig kommentierte CDU-Fraktionschef Hartmut Perschau: „Ich vermisse bisweilen die integrative und im wörtlichen Sinne umarmende Kraft, die seinen Vorgänger Henning Scherf auszeichnete.“ In der Tat spielt die Bremer CDU eine deutlich geringere Rolle in der Bremer Politik als zu Zeiten von Scherf, und wenn sie Vorstöße macht – wie jüngst Innensenator Thomas Röwekamp mit der Idee, den Kirchtag abzusagen –, dann sind die auch nicht gerade von nachhaltigem politischen Fingerspitzengefühl geprägt.

„Ich will Motor bremischer Politik, nicht Frühstücksdirektor sein“, konterte Böhrnsen die Perschau-Vorwürfe, und man darf sich fragen, wer da mit dem Titel „Frühstücksdirektor“ beehrt werden sollte. „Wir haben viel Zeit verloren in der Vergangenheit“, setzt Böhrnsen nach – und das zielte sowohl auf Scherf wie auf einen früheren Finanzsenator namens Perschau. Böhrnsen erinnert daran, dass er „Eckpunkte“ für die Klage- und Verhandlungsstrategie vorgelegt hat, das ist nun 14 Tage her und „ich habe keine Alternativen gehört“. Was nützt also das Gemaule.

Wobei mit Böhrnsen durchaus über Kernpunkte des Entwurfes der Klageschrift zu reden ist. Während Bremens Prozessvertreter dem Verfassungsgericht als Bremer Spar-„Eigenbeitrag“ zur Sanierung anbieten wollen, die Primärausgaben Bremens auf 125 Prozent des Länderdurchschnitts zu reduzieren – Bremen liegt derzeit bei 145 Prozent –, meinte Böhrnsen gestern klar: „Mein Ziel ist, dass Bremen sich nicht mit einem Ausgabenniveau von 125 Prozent bescheiden kann“, und: „Eine stadtstaatengerechte Finanzausstattung ist höher als 125 Prozent.“

Carsten Sieling, derzeit in Personalunion SPD-Landesvorsitzender und Fraktionsvorsitzender, freut sich über den mit seiner tatkräftigen Hilfe zustandegebrachten Personalwechsel im Rathaus: „Die Bilanz der bisherigen Regierungsarbeit des Präsidenten des Senats kann sich sehen lassen“, verlautbarte er. Bremen stehe „vor einer tief greifenden Zäsur“. (Dieses Wort hatte Böhrnsen nicht verwendet.) Böhrnsen habe „angesichts der existenzbedrohenden Lage, in der sich unser Land befindet, das getan, was ich von einem Regierungschef erwarte“. Also irgendwie gut oder befriedigend. kawe