„Leute werden vorsichtiger“

WORKSHOP Es ist nicht gleich die Revolution – aber politische Organisierung kann im Netz beginnen

■ 42, ist Historiker und arbeitet als Leiter der „Hallo Welt! – Medienwerkstatt GmbH“ in Regensburg.

Herr Heigl, wäre die Mauer früher gefallen, hätte es Facebook und Co. schon gegeben?

Richard Heigl: Nein. Die Medien werden da in ihren Möglichkeiten eindeutig überschätzt.

Erleichtert das Social Web die Organisation von Aufständen?

Das Social Web bietet den Leuten, die sich im politischen Umfeld befinden, einen Raum: Sie finden ein Forum, in dem sie sich zum ersten Mal treffen, austauschen und gemeinsame Projekte planen können. Sie legen Orte fest, an denen sie sich organisieren und können schnell Informationen austauschen. Zwischen völlig unbekannten Personen werden Informationen von A nach B geschickt.

Aber reicht ein „gefällt mir“- Klick für einen Aufstand aus?

Natürlich nicht. Trotzdem ist es eine Vorform, in der sich die Leute auf einem sehr niedrigen Engagement-Level zu einer Sache bekennen. Die Anzahl der „Gefällt mir“-Klicks hilft, auf das Thema aufmerksam zu machen – aber nicht, um etwas politisch zu verändern.

Stehen die Politiker außerhalb des Social Web?

Nein, bei uns in Bayern ist zurzeit Landtagswahl. Schauen Sie sich die Fraktionen an, die alle ihre eigenen Youtube-Kanäle haben.

Wollen Sie Kritiker von den Vorteilen sozialer Netzwerke überzeugen?

Wir haben in der Veranstaltung eine ganze Bandbreite an Leuten. Es sind natürlich manchmal auch Skeptiker dabei. Skepsis ist immer angebracht, aber der Inhalt der Veranstaltung ist, dass man zeigt, wozu man das Social Web nutzen kann. Es geht um Erfahrungsaustausch und das Aufzeigen von Möglichkeiten. Außerdem werden wir uns der Frage stellen, ob diese Medien auf Dauer alle privat sein können, wenn man sie politisch nutzen möchte.

Verändert die Datenschutz-Debatte diese Arbeit?

Die Leute werden vorsichtiger in dem, was sie sagen und tun. Das sind ganz normale Prozesse. Die Versuche, Kontrolle darüber zu haben, was die Menschen denken und tun, sind natürlich nicht weniger geworden. Nur kann man sich jetzt dagegen wehren. INTERVIEW: ROSI KATHRI

Workshop „Politische Kampagnenarbeit im Social Web“: 14 bis 19 Uhr, W3, Nernstweg 32–34, 25 Euro. Anmeldung: fkj@werkstatt3.de oder ☎ 39 80 53 60