Die Betten der Toten

WHODUNIT Erlesen besetzte Krimi-Studie von Regisseur Martin Enlen („Tod an der Ostsee“, 20.15 Uhr, Arte)

Solche Fälle hat man schon gehört, gelesen. Wenn ein Päderast oder Vergewaltiger aus der Haft respektive Sicherungsverwahrung entlassen wird und sich ein ganzer Dorfmob samt Bürgermeister gegen ihn und seine Angehörigen zusammenrottet.

In dem Film „Tod an der Ostsee“ vom Regisseur Martin Enlen sagt ein Vater (Justus von Dohnányi): „Kossack soll nicht glauben, dass er auch nur eine Minute zur Ruhe kommt. Ich mach ihm das Leben zur Hölle!“

Kossack (Matthias Koeberlin) findet in dem hübschen Ostseeort nicht einmal mehr einen Handwerker, der ihm das eingeworfene Fenster repariert. Die Kunden wollen sich nicht mehr von seiner Frau bedienen lassen, sie verliert ihre Arbeit in der Bäckerei, die Kinder nehmen dem Sohn das Asthmaspray weg.

Dabei ist Kossack gar kein Päderast oder Vergewaltiger. Ja, er hat ein kleines Mädchen totgefahren. Gewiss, das ist furchtbar. Aber ob er überhaupt eine strafrechtliche Verantwortung dafür trägt, ist zunächst noch offen. Ein Kindermörder, wie der Vater ihn nennt, ist er sicher nicht.

Der Film kommt zunächst als fiktionalisierte Studie über Gruppenzwang-Verhalten daher – und entpuppt sich bald als Whodunit-Krimi. Oder ist er doch besagte Studie im Krimigewand? Jedenfalls dauert es eine halbe Stunde und Kossack liegt tot unter seinem kaputten Fenster. Kein Unfall, sondern hier wird sich jemand strafrechtlich verantworten müssen. Die Dorfpolizistin (Bernadette Heerwagen) wird den Täter überführen. Die Tatortfotos lässt sie bei „Foto Hübner“ entwickeln. Sie hat bisher nur Strafzettel an Parksünder verteilt, aber darauf wird es am Ende entscheidend ankommen.

Die leeren Betten der Toten, Ina Weisse und Maria Simon als trauernde Mutter und Witwe. Bereits die erlesene Besetzung hebt den Film über das gewohnte Niveau. JENS MÜLLER