Erste Demonstrationen im Nordirak

In Erbil protestieren mehrere tausend Kurden gegen die Mohammed-Karikaturen

ERBIL taz ■ Zwei Wochen haben etliche Imame in Kurdistan gegen die Karikaturen des Propheten Mohammed gewettert. Obwohl viele Gläubige ihren Glauben durch die Zeichnungen verunglimpft sehen, blieben große Demonstrationen aus. Viele Politiker und Intellektuelle äußerten sogar Abscheu über den Aufruhr in den Nachbarländern.

Am Dienstag zogen nun auch in der kurdischen Hauptstadt Erbil mehrere tausend Demonstranten gegen die dänischen Zeichnungen auf die Straße. Mitten in der Menge schlägt jemand eine Trommel. Unter einem großen grünen Banner haben sich Derwische des Qadiriye-Ordens versammelt. Im Rhythmus der Trommelschläge wiegen sie ihre Oberkörper und schütteln ihre langen Haarmähnen. Dazu rezitieren sie Koransuren – ein Zeichen ihrer tiefen Frömmigkeit.

Nicht alle, die an diesem regnerischen Vormittag vor das kurdische Parlament ziehen, wollen nur ihren Protest gegen die Verunglimpfung des Propheten zum Ausdruck bringen. „Bringt sie vor Gericht“, skandiert eine Gruppe von Demonstranten. „Tod den Feinden des Islam“, fordert ein Jugendlicher auf einem Schild. Gemeint sind damit kurdische Autoren, die mit ihren Schriften angeblich Gotteslästerung begangen haben.

Allen voran Meriwan Halabjayi, der 2005 ein Buch mit dem Titel „Sex, Scharia und Frauen im Islam“ verfasst hat. „Er tritt unseren Glauben mit Füßen“, sagt Shadi Hassan. Sie würde ihn erschlagen, wenn sie seiner habhaft würde, sagt die Religionslehrerin. In dem Kreis der Frauen in langen Mänteln und Kopftüchern erntet sie Zustimmung.

Ein paar Meter weiter steht eine Gruppe von Frauen, in Schwarz gehüllt, einige haben sogar ihr Gesicht verschleiert. Um den Körper tragen sie Bänder mit dem Glaubensbekenntnis. Damit geben sie sich als Anhängerinnen der „Komele Islami“, der Islamischen Gruppe in Kurdistan, zu erkennen. Auf der Kundgebung vor dem Parlament fordert ihr Chef, Ali Bapir, von der kurdischen Regierung eine klare Verurteilung der dänischen Karikaturen. Darüber hinaus fordert er ein Zensurgesetz, um die Veröffentlichung von „Schmähschriften“ zu unterbinden. Zu den Mordaufrufen will sich Bapir nicht äußern. Stattdessen verweist er auf die Religionsgelehrten. Diese würden die Todesstrafe begrüßen, um Nachahmer abzuhalten, sagt Bapir im Gespräch. Zudem fordert er eine UNO-Resolution, die religiöse Beleidigungen sanktioniert.

Zwar werden auf der Demonstration auch zwei dänische Flaggen verbrannt. Sonst verläuft sie aber friedlich. Hin und wieder werden Rufe nach Handelssanktionen gegen Dänemark laut. Parolen gegen Amerika oder Israel sind keine zu hören. Ohnehin scheint es vor allem gegen die eigene Regierung zu gehen. Diese hat in den letzten Monaten die Islamisten stark unter Druck gesetzt. Im November überfiel ein Mob mehrere Büros einer gemäßigten Partei. „Unser Problem sind nicht die Karikaturen, sondern die Islamisten“, sagt eine Parlamentarierin. Die Zeichnung, die den Propheten als Bombe zeige, treffe den Nagel auf den Kopf, sagt ein anderer. Aus Rücksicht auf die Stimmung unter den Gläubigen haben sich ihre Parteien in letzter Minute dem Demonstrationsaufruf angeschlossen. INGA ROGG