„Ich bin ein Computerkind“

HAUSBESUCH Zum Frühstück gibt’s Toast mit Serien, auf dem Balkon zum Glück WLAN. Bei Nicole Prehn in Osnabrück

VON TERESA HAVLICEK
(TEXT) UND JOANNA NOTTEBROCK (FOTOS)

Osnabrück, Stadtteil Schölerberg, zu Hause bei Nicole Prehn (21) in ihrer WG.

Draußen: eine verkehrsberuhigte Straße mit Altbauten, gesäumt von Bäumen. Alle Parkbuchten sind belegt, auf dem Bürgersteig stehen Fahrräder, fein säuberlich an Bügel angeschlossen, dazwischen etwas verloren ein Einkaufswagen. Zum Hauptbahnhof sind es fünfzehn Minuten zu Fuß („Ich bin froh, dass ich das hier gefunden habe, die Wohnungssuche ist nicht leicht, und die hier ist sogar noch bezahlbar“).

Drin: In der Küche: Rosa Wände, Fliesen mit Siebziger-Jahre-Muster, am Kühlschrank hängen Flyer vom Pizza-Bringdienst, über der Spüle ein Kalender mit schwedischen Feiertagen („Den hab ich von meinen Eltern, die leben in Schweden“). Vom Esstisch Blick über die Stadt, rechts und links zwei Kirchtürme, der Balkon ist überdacht („Das Gute ist, das WLAN reicht bis nach draußen“). An Nicoles Zimmertür ein Schild mit ihrem Namen und Minnie-Maus-Konterfei, darunter ein Sticker der Piratenpartei: „Ab hier beginnt die Privatsphäre“. Drin ein schmaler Raum, überall bunte Sticker, Postkarten und Fotos („Das Bett ist mein Lieblingsplatz“). In ihrem Kinosessel sitzt Nicole, wenn sie DVD guckt („Serien, vor allem Comedy, außerdem bin ich ein riesiger Spongebob-Fan“).

Was macht sie? Nicole studiert Politik und Erziehungswissenschaft im zweiten Semester. Neben der Uni macht sie Radiobeiträge für den Osnabrücker Bürgerrundfunksender OS-Radio, erst als Praktikantin, mittlerweile als freie Mitarbeiterin („Das ist so der übliche Weg, und jetzt gibt es auch ein bisschen Geld“). In ihrer Freizeit surft sie meist im Internet, chattet oder schreibt Texte für ihren eigenen Blog („Ich bin so ein Computerkind“).

Was denkt sie? Im Sommer macht Nicole für zehn Wochen ein Praktikum beim Internetportal Abgeordnetenwatch.de in Hamburg: „Wie wird es da am Arbeitsplatz? In einer Stadt, die ich nicht kenne?“

Nicole: aufgewachsen in Neuenkirchen, dreißig Kilometer von Osnabrück entfernt. In der Schule überspringt sie eine Klasse („Ich fand das damals total schrecklich, ich hab alle meine Freunde verloren“), mit achtzehn macht sie Abi. Kurz danach wandern die Eltern mit Nicoles jüngerem Bruder nach Schweden aus („Das war ziemlich schwierig, aber ich wollte nicht mit, auch wegen meinem Freund. Mittlerweile hab ich mich dran gewöhnt, und jetzt haben sich meine Eltern endlich auch E-Mail angeschafft“). Nicole zieht nach Osnabrück, fängt nach einer Ausbildung zur Übersetzerin ihr Bachelor-Studium an. Einen Master plant sie nicht („Das Studium macht zwar Spaß, aber volle fünf Jahre muss ich nicht haben“), sie möchte lieber ein Volontariat machen und als Journalistin arbeiten.

Das erste Date: Kinobesuch mit ihrem Freund, mit dem sie seit fünfeinhalb Jahren zusammen ist, „Die Legende vom Beowulf“. Danach Essen beim Italiener („Ich hatte Lasagne“), dann musste Nicole schon nach Hause („Da haben meine Eltern drauf geachtet, dass nix passiert“).

Heiraten? „Definitiv geplant“, aber erst später („Das gehört dazu, auch im Hinblick auf Kinder“).

Der Alltag: Nicoles Wecker klingelt um 8.30 Uhr, dann gibt es Frühstück („Meistens Toast und dazu immer ein paar Folgen meiner Lieblingsserie“). Zur Uni geht sie zu Fuß, vor zehn Uhr muss sie nie dort sein („Ich studiere Geisteswissenschaften“). Mittags Mensa, in Freistunden trifft sie Freunde („Oder ich hänge im Computerraum rum“). Nach der Uni verbringt sie Zeit mit ihrem Freund oder surft im Internet („An guten Tagen können das zwölf Stunden sein“). Ins Bett geht sie zwischen elf und zwölf Uhr nachts. Wenn sie jobbt, ist ihr Ablauf ähnlich („Es fängt nur alles eine halbe Stunde früher an“).

Wie finden Sie Merkel? „Da muss ich nicht lange überlegen: unsympathisch, für mich die komplett falsche Partei.“ Bei einem Wahlkampfauftritt in Osnabrück hat Nicole die Kanzlerin schon live gesehen („Ich habe die ganze Zeit gedacht, was reden die denn da?“).

Wann sind Sie glücklich? „Wenn ich mit meinem Freund zusammen bin, wenn ich ernst gemeinte Komplimente bekomme, wenn auf der Arbeit ein Beitrag von mir gelobt wird, wenn was nach Plan läuft“.

Nächste Woche treffen wir Familie Bergfeld in Erftstadt. Wenn Sie auch einmal von uns besucht werden möchten, schicken Sie uns eine Mail an hausbesuch@taz.de