am po
: Eiskunstlaufmode

Wir sind da. Endlich angekommen in der fünften Jahreszeit. Es ist wieder Fasching, es läuft die Hochzeit der Narren, wir sind gefangen in der Vorhölle des guten Geschmacks, kurz: Es ist mal wieder Eiskunstlaufen.

Das Herumgekurve auf dem Eis, die sinnlose Rotiererei um die eigene Achse im Affenzahn, mag ja noch als Hochleistungssport durchgehen, aber als Kunst? Das Recken und Strecken, das Biegen und Wedeln von Gließmaßen zum Rhythmus ausgelutschter Klassik-Hits? Das affektierte Aufstampfen zu weich gespülten Geigen? Das falsche Lächeln? Diese Klamotten?

Zum Kurzprogramm kam der Schweizer Stephane Lambiel daher in einer Art Ausgehuniform eines mittelalterlichen Knappen: mit angenähtem Kleingeld, überflüssigen Troddeln und so farbenfroh, das tat nicht nur in den Augen weh, dafür hätte ihn sein Ritter sofort mit der Lanze aufgespießt. Bei den österreichischen Nachbarn geht wohl alles Geld direkt an die Skialpinen, denn Viktor Pfeifer konnte sich nur ein Kostüm leisten, das aussah wie mit Gaffa-Tape zusammengepappt. Mitunter konnte man sich nicht des Eindrucks erwehren, dass es nur eine unverzichtbare Eingangsvoraussetzung für den Beruf des Eiskunstlaufmodedesigners gibt: Blindheit von Geburt an.

Auch die Aussage manches Fummels blieb rätselhaft. Das schwarz-weiße Nichts auf dem schmächtigen Körper des Amerikaners Johnny Weir: Sollten das Federn sein, etwa ein dezenter Hinweis auf die drohenden Gefahren der Vogelgrippe?

Längst nicht mehr so angesagt wie früher, aber nie aus der Mode kommt wohl der Bolero-Look: Der amerikanische Aushilfs-Torero Evan Lysacek trug ein ganzes Arsenal an Quasten und Quaddeln zur Schau. Doch was ist der Trend der Saison für den eiskunstlaufbewussten Mann? Ganz eindeutig ein beschrifteter Rücken. Der Franzose Brian Joubert trug dort ein silbrig glänzendes „007“, Kevin van der Perren ließ sich ein stechend rotes „EXIT“ aufsticken. Der Rest war ein Albtraum aus Pfeilen und Kästchen, als wollte der Belgier sein Trauma kompensieren, das er sich dereinst beim verpatzten Matheabitur geholt hatte.

So geht der Ehrenpreis für klassisches Understatement eindeutig an Trifun Zivanovic aus Serbien-Montenegro, der sich einfach Hose und Hemd überstreifte. Das Oberteil war gehalten in einer Farbnuance zwischen Bordeaux-Rot und Balkan-Lila, der nachgerade traditionellen Farbe des in freier Wildbahn kreiselnden Hausfrauen-Ballerinos. THOMAS WINKLER

P.S.: Kann vor der heute Abend um 19 Uhr beginnenden Kür bitte noch schnell jemand einen tatkräftigen Friseur nach Turin schicken, der der Welt einen großen Dienst erweisen und Jewgeni Pluschenko von seinem Vokuhila befreien könnte?