schurians runde welten
: Werner Lorants Charakterzüge

„Nachmittags war der Kraftraum eine sinnvolle Alternative“ (Uwe Helmes, Siegen)

19.2. Siegen – Ahlen

In dieser abgelegenen Stadt im Südosten des Bundeslandes mit Sport zu tun zu haben, ist nicht ganz einfach. Erst recht nicht bei einem Verein, der den Namen gewordenen Optimismus der Ortschaft noch überbieten will: Sportfreunde Siegen. Das liest sich wie eine dieser sozialistischen Parolen, die seinerzeit auf dem sicheren Wissen basierten, dass die Verhältnisse sich ändern werden, weil die Widersprüche automatisch ihrer Auflösung entgegen drängen, wenn auch niemand genau weiß, wie lange es dauern wird, bis die Menschheit schlussendlich die nächsthöhere Entwicklungsstufe erreicht. Wie wir heute wissen, gleicht der dialektische Materialismus und erst recht seine realpolitische Umsetzung wirklich den Spielstufen eines Jump‘n‘Run-Computerspiels. Die Spielregeln und Spielfiguren bleiben stets dieselben, alles wird nur immer schwerer und vertrackter. Und irgendwann ist das Spiel aus.

Bevor sie angefangen hat, wurde bei den Siegener Sportfreunden leider eine glorreichere Epoche der Vereinsgeschichte abrupt beendet. Am 9. Februar meldete der Club die Verpflichtung eines neuen Trainers. Werner Lorant sollte dem Zweitligisten fortan Beine machen, damit der Verein die Klasse hält. Der sportliche Leiter der Siegener, Rolf Bleck, freute sich ganz doll auf den Westfalen Lorant, der mit seiner „Persönlichkeit und seiner Erfahrung genau der Trainer ist, der uns in unserer Situation helfen wird“ – was man natürlich als sportlichen Offenbarungseid lesen muss: Die Lage bei dem Tabellenvierzehnten muss wirklich ausweglos sein, wenn ein finsterer Fußballfolterer helfen muss. Sollte Lorant tatsächlich den Abstieg abwenden, würde sich der Vertrag mit dem Brachialpädagogen automatisch um ein Jahr verlängern. Sportdirektor Bleck machte dem Vereinsamen alle Ehre und lehnte sich sehr weit aus dem Fenster: „Wir gehen fest davon aus, auch in der kommenden Saison mit Lorant zusammenzuarbeiten“.

Nun kommt es etwas anders: Am Montag kündigte der Verein erneut die Vertragsunterschrift von Lorant für den Mittwoch an. Zuvor löse der Coach noch seinen laufenden Vertrag bei einem türkischen Erstligisten auf. Am Mittwoch kam es jedoch nicht zur Unterschrift, sondern zu einer eilig anberaumten Pressekonferenz: Weil Lorant keine Freigabe von Sevisspor bekommen habe, wusste Bleck wiederum einiges vom Wesen des Trainers zu berichten: „Unzuverlässigkeit und Wortbruch sind Charakterzüge, die nicht zu uns passen.“ Genauso wenig wie der Vereinsname. Ich plädiere für „Hoffentlich ...“ oder auch „... wäre schön“.