Ver.di bestreikt Verdi

Arbeitskampf im öffentlichen Dienst: Panikmache mit Müll und Vogelgrippe

Der unbefristete Streik bei der Stadtreinigung dauert an: „Alles läuft bestens“, hieß es gestern aus der Streikleitung bei ver.di. Indes versucht die Dienstleistungsgewerkschaft neben der Arbeitsniederlegung von 2.000 Müllwerkern durch begleitende Warnstreiks die eigene Position im Tarifkonflikt für den Erhalt der 38,5-Stunden-Woche im öffentlichen Dienst auf eine möglichst breite Basis zu stellen. So wurden mit dem Uniklinikum Eppendorf (UKE) und dem Asklepios Westklinikum erneut Krankenhäuser bestreikt. Obwohl für die Kliniken bis September ein Moratorium vereinbart worden ist, gehen die Aktionen weiter: Die städtischen Kliniken streben nach wie vor eine Verlängerung der Arbeitszeit auf 42 Wochenstunden an.

Auch die Bühnentechniker der Staatsoper legten gestern Mittag die Arbeit nieder, sodass die Abendvorstellung – pikanterweise das Stück „Simon Boccanegra“ von Giuseppe Verdi – gefährdet war. Bei Redaktionsschluss ging das Theater aber noch davon aus, „unter Einschränkungen“ spielen zu können.

Eine unscheinbare Berufsgruppe wird sich heute in den Arbeitskampf einklinken, nachdem ver.di die rund 450 Hausmeister und BetriebsarbeiterInnen an den Hamburger Schulen zum Ausstand aufgerufen hat. „Die Schulen und Turnhallen werden nicht aufgeschlossen, das muss der Schulleiter schon selbst tun“, so ver.di-Fachsekretärin Sabine Meyer über die Auswirkungen. Zum Ärger über die von den Arbeitgebern geforderte Mehrarbeit kommt bei den Schulangestellten zusätzliche Empörung über Pläne der Bildungsbehörde, die Schulverwaltung zu privatisieren.

Gestreikt wird heute auch beim Verkehrsamt sowie am Hygiene- und Umweltinstitut. Nach dem Willen von ver.di bleiben auch die Alsterschleusen sowie das Bezirksamt Altona tagsüber geschlossen.

Der „Erzwingungsstreik“ bei der Stadtreinigung bildet zurzeit die Spitze des Tarifkonflikts. Die Stadt will weiterhin die 40-Stunden-Woche durchsetzen, was nach Gewerkschaftsschätzungen in Hamburg 3.000 und bundesweit sogar 250.000 Jobs im öffentlichen Dienst vernichten würde. Weil der Streik der Müllwerker durch ungeleerte Mülleimer sichtbar Wirkung zeigt, nimmt die verbale Auseinandersetzung auf allen Ebenen zu: So forderte der Chef der Ärztevereinigung Hartmannbund Hamburg, Klaus Wagner, „den Müllkrieg zu beenden“. Die Entsorgung von Müll angesichts einer „Vogelgrippe vor der Haustür“ sei ein öffentliches Anliegen. Ver.di-Landeschef Wolfgang Rose stellte klar, dass durch eine Vereinbarung die Untersuchungen im Hygieneinstitut „im Interesse der Bevölkerung“ sichergestellt seien.

Hamburgs DGB-Chef Erhard Pumm warnt derweil vor der Idee, Ein-Euro-Jobber für die Müllbeseitigung einsetzen zu wollen. „Das Streikrecht zwingt den Staat zur Neutralität“, so Pumm. KAI VON APPEN