Reichsstraße kann gebündelt werden

VERKEHR Die Planung für die neue Wilhelmsburger Reichsstraße ist abgeschlossen und die alte Schnellstraße wird nun an die Bahntrasse verlegt. Baubeginn ist im August – falls niemand klagt

■ Die Wilhelmsburger Reichsstraße soll nach den Plänen der Verkehrsbehörde auf einer Länge von 4,6 Kilometern mit der Bahntrasse gebündelt werden und 28 Meter breit werden.

■ Lärmschutzwände mit einer Höhe von überwiegend mindestens vier Metern sollen in einer Gesamtlänge von 15 Kilometern errichtet werden.

■ Die beiden Autobahnstummel an den beiden Enden der Wilhelmsburger Reichsstraße werden umbenannt: Künftig soll die gesamte Strecke Bundesstraße 75 heißen.

■ Eine Ausfahrt mitten in Wilhelmsburg wird auch die neue Straße haben, allerdings auf Höhe der Rotenhäuser statt der Neuenfelder/ Mengestraße.

VON GERNOT KNÖDLER

Das Planfeststellungsverfahren für die neue Wilhelmsburger Reichsstraße ist abgeschlossen. Die alte Bundesstraße kann abgerissen und an die S- und Fernbahntrasse verlegt werden. Durch die Bündelung der Verkehrswege fällt eine der drei Schneisen weg, die den Stadtteil heute noch filetieren. Das schafft nun Raum für neue städtebauliche Projekte mitten auf der Elbinsel.

Die Wilhelmsburger Reichsstraße (B 4/ B 75) ist eine enge vierspurige Straße, die den Stadtteil von Süden nach Norden durchschneidet. 500 Meter weiter im Westen liegt die parallel verlaufende Bahntrasse, nach weiteren zwei bis drei Kilometern folgt die Autobahn 1.

Die Verlegung der Reichsstraße hätte eigentlich das Werk des Geschäftsführers der Internationalen Bauausstellung (IBA), Uli Hellweg, krönen sollen – gelten die Transitwege doch als eines der charakteristischen Probleme der Elbinsel. Doch weil ruchbar wurde, dass die Straße, um vom Bund finanziert zu werden, auf eine Autobahn-ähnliche Breite von 28 Metern anschwellen soll, regte sich Widerstand im Viertel: Eine derart breite Straße ziehe zusätzlichen Verkehr an, sie erhöhe die Trennungswirkung der Bahntrasse und sorge für Dauerlärm, so die Kritik der Wilhelmsburger.

Nach den Plänen der Verkehrsbehörde soll im August mit den ersten Arbeiten auf der Bahntrasse begonnen werden. Ein Bahngleis soll verlegt, eine Bahnunterführung gebaut und eine Brücke über den Ernst-August-Kanal geschlagen werden. Außerdem sollen auf der Ostseite die ersten Lärmschutzwände aufgestellt werden.

Gegen den Planfeststellungsbeschluss kann binnen einen Monats geklagt werden. Ob es dazu kommen wird, kann Jochen Klein von der Anwohner-Initiative „Engagierte Wilhelmsburger“ noch nicht sagen. Für den 11. Juli habe eine 200 Mitglieder umfassende Klagegemeinschaft ihre Gesellschafterversammlung anberaumt. „Wir werden zwischenzeitlich die Güte des Planfeststellungsbeschlusses in Augenschein nehmen“, sagt Klein an.

Klein, der östlich direkt der Bahntrasse wohnt, kritisiert, dass die vielen Einwände gegen den Plan im Wesentlichen erfolglos geblieben seien. „Es blieb bei dem, was seit 2008 geplant ist“, sagt er – eine Autobahn mit einer Ausfahrt, die an der Rothenhäuser Straße direkt auf ein Wohngebiet zuführt.

Der Lärm ist Kleins größte Sorge. Zwar zeigen die Berechnungen, dass sich der Lärm wegen der geplanten Schutzwände weit weniger ausbreiten wird als heute. Doch Klein hält das für Augenwischerei, weil zu dem Bahnlärm mit der Straße eine andere Art von Lärm hinzukomme. „Fakt ist, es gibt nicht weniger Lärm, sondern es gibt den Lärm dort, wo die Menschen wohnen“, sagt er. Wenn die Planer richtig gerechnet haben, wird es unmittelbar an der zukünftigen Straße tatsächlich lauter – aber nicht in einem Bereich, der bewohnt ist.

Am liebsten wäre vielen Wilhelmsburgern die ersatzlose Streichung der Schnellstraße. Der Lärmschutz hänge nicht vom Bau der Straße ab, glaubt Klein. Den werde die Bahn so oder so bauen.