Keine faulen Kredite mehr

Außerhalb des Haushaltes genehmigte sich der Senat über Jahre Geld unter dem Etikett „betriebswirtschaftlich rentable Maßnahmen“. Heute wird die Kreditquelle verstopft

Bremen taz ■ Die Haushalts- und Finanzausschüsse der Bremischen Bürgerschaft kommen heute zu einer historischen Sitzung zusammen. Thema ist eines der Instrumente, mit denen Bremen seit 1995 außerhalb der engen Grenzen des Haushalts auf das Geld zukünftiger Jahre zugreift. Für „betriebswirtschaftlich rentable Maßnahmen“ hatte sich der Senat eine „besondere Kreditermächtigung“ gegönnt. Seit 1995 gibt es dieses Instrument, Dutzende von Projekten wurden außerhalb des Haushaltes finanziert. Das bittere Fazit des Finanzsenators: „In nahezu allen Fällen konnte die Wirtschaftlichkeit faktisch nicht nachgewiesen werden.“

Das hat in den fetten Jahren des großkoalitionären Geldausgebens auch niemand ernsthaft versucht. Als der Rechnungshof für das Jahr 1998 das Thema untersuchte, kam er zu dem Schluss, dass der Senat „bei keiner der (damals) geprüften 41 Maßnahmen“ seine von ihm selbst aufgestellten Regeln eingehalten hat: „Die Hauptmängel liegen in fehlenden bzw. falschen Wirtschaftlichkeitsrechnungen.“ Das rührte Finanzsenator Hartmut Perschau nicht, als die Kritik 2000 öffentlich wurde. Der redete sich damit heraus, dass es nicht die Aufgabe des Finanzsenators sei, „Wirtschaftlichkeitsrechnungen zu prüfen“. Der Rechnungshof konterte: „Diese unvollständigen Anträge hätten den Gremien vom Finanzsenator nicht zur Entscheidung vorgelegt werden dürfen.“

Amtsnachfolger Ulrich Nußbaum will nun einen Schlussstrich ziehen: Solche Griffe in die Kasse soll es in Zukunft nicht mehr geben. Und die Begründung, die heute vorgebracht wird, ist identisch mit der Kritik des Rechnungshofs aus dem Jahre 2000. Zum Beispiel wurde die „Begutachtung der Dienstleistungsqualität der Bremischen Bürgerschaft“ als betriebswirtschaftlich rentable Maßnahme etikettiert und wie eine kaufmännische Investition auf Pump finanziert. International renommierte Gutachter wie die KPMG und Roland Berger verdienten damals gut an solchen Aufträgen, am Ende wurde die Abrechnung der Sitzungsgelder „durch den Wegfall der monatlichen Anmeldung der Ansprüche auf Erwerbsausfall, Sitzungsgeld, Fahrtkosten für Abgeordnete und Deputierte erheblich vereinfacht“. Außerdem gewöhnte sich die Verwaltung in den Jahren an die Nutzung von Mails als Kommunikationstechnik.

Eine andere „betriebswirtschaftlich rentable“ Investition war zum Beispiel die Vergabe eines Gutachtens an Roland Berger über die Misere der Justizvollzugsanstalt. Roland Berger fand heraus – das war politischer Wille des Justizressorts –, dass die Unterbringung der Häftlinge an verschiedenen Standorten und in den Altbauten nicht besonders effektiv ist und durch einen modernen Neubau im Verlaufe der Jahre Geld gespart werden könnte – abzüglich der Finanzierung der Neubaukosten. Der Gutachter bekam sein Geld, für einen Neubau ist kein Geld da. Dutzende solcher Beispiel sind in dem Bericht des Finanzsenators aufgeführt. Bei der Definition dessen, was „betriebswirtschaftlich rentabel“ ist, gab es keine Schamgrenze. Sogar die „Umstellung des Anordnungswesens vom Diskettenaustausch auf Datenfernübertragung (DFÜ)“ findet sich da.

Nicht nur der Rechnungshof, auch die Grünen haben die Geldschöpferei von Anfang an kritisiert. „Eine Mogelpackung weniger, mit der Bremen vor dem Bundesverfassungsgericht einen peinlichen Eindruck machen würde“, freut sich Haushaltsausschuss-Vorsitzende Karoline Linnert. kawe