Gute Noten aus Baden-Württemberg

„Hochspannend und hoch vertraulich“: Eine externe Experten-Kommission hat ein Drittel der Bremer Schulen evaluiert. Die abschließende Empfehlung: „Bremen muss es nur schaffen, seine pädagogischen Schätze zu heben“

Bremen taz ■ Ein knappes Drittel der insgesamt 210 allgemein bildenden Schulen in Bremen ist nun evaluiert. Gestern stellte Bildungssenator Willi Lemke (SPD) die Ergebnisse der jüngsten Begutachtung seitens einer Experten-Kommission vor. Deren Vorsitzender, Otto Seydel von dem in Überlingen ansässigen Institut für Schulentwicklung, fasste zusammen: „Die Bremer Schulen sind nicht so schlecht wie sie sich selbst sehen.“

Das gelte nicht nur für die Qualität des Unterrichts, sondern auch für dessen Rahmenbedingungen. Baden-Württemberg etwa habe „im Schnitt nicht so gut ausgestattete Schulen“, sowohl was die Anzahl und Größe der Räume als auch deren Ausstattung etwa im naturwissenschaftlichen Bereich angehe, präzisierte Professor Helmut Frommer. Die Bezahlung der Bremer Grundschullehrer sei definitiv besser als im vergleichsweise reichen Südstaat.

Das Hauptaugenmerk legte die von Lemke beauftragte Kommission allerdings auf die Qualität des Unterrichts. Jeweils zu zweit haben die Mitglieder des 15-köpfigen Experten-Teams zwei bis drei Tage in den Schulen verbracht. Neben ausgiebigen Unterrichtsbesuchen haben sie dort Gespräche mit allen am Schulleben beteiligten Gruppen geführt: Lehrer, Hausmeister, Eltern und Schülern. Zwar habe man gelegentlich „sich zu Tode langweilende Schüler“ beobachten und verstehen können, berichtete ein Kommissionsmitglied, insgesamt aber habe man sehr viel nachahmenswerten Unterricht erlebt: „Bremen muss es nur schaffen, seine pädagogischen Schätze zu heben.“

Die Dringlichkeit der Schatzsuche legen freilich auch die notorisch schlechten Ergebnisse des Schultest-gebeutelten Landes bei internationalen Vergleichen nahe. Handlungsbedarf sehen die Gutachter vor allem beim Thema Fortbildung – wobei insbesondere das interne Lernen, also das Lernen innerhalb der KollegInnenschaft noch sehr unterentwickelt sei. Kaiser: „Lehrer verstehen sich in der Regel als Einzelkämpfer.“ Dabei könne konsequente Teamarbeit alle Seiten entlasten. So gesehen müssten Veränderungen nicht unbedingt teuer sein, so Kaiser.

Lemke zeigt sich vom Mannschaftsgedanken begeistert, bessere Empfehlungen hätte er sich ohnehin nicht wünschen können – zumal sie von unverdächtiger Seite kommen. Während in Schleswig-Holstein die Evaluation von der landeseigenen Schulaufsicht durchgeführt wird und in Niedersachsen relativ kleinteilig etwa die Anwendung didaktischen Materialien überprüft wird, hat sich die Bremer Behörde für eine eher unaufwändige und vor allem unabhängige Methode der Schulinspektion entschieden. Pro Evaluationsdurchgang werden rund 150.000 Euro veranschlagt. Immerhin 24 der 30 aktuell beteiligten Schulen hätten die Evaluation ihrerseits als „gut“ bezeichnet und eine Fortsetzung des Beratungsprozesses gewünscht, berichtet Lemke. Die konkrete Beurteilung der einzelnen Schulen bleibe dabei „hoch vertraulich“.

Relativiert wird das überraschend positive bisherige Ergebnis durch den Umstand, dass sich alle bisher beteiligten Schulen von sich aus gemeldet hatten. Mittelfristig will Lemke die Teilnahme verbindlich vorschreiben. Während bisher vor allem Grund- und Sek-I-Schulen begutachtet wurden, sollen kommendes Jahr erstmals auch Gymnasien evaluiert werden. Für Seydel ist das sowohl „ein Abenteuer“ als auch ein Anfang: „Nachhaltige Schulentwicklungsprozesse brauchen mindestens fünf bis zehn Jahre.“ HB