Neustart in der Puck-Provinz

EISHOCKEY Nach dem Verkauf ihrer Erstliga-Lizenz rüsten sich die Hannover Scorpions für die Oberliga

Sie bleiben hitzköpfige Nachbarn und unverbesserliche Streithähne. Statt einer rettenden Fusion gab es ein grandioses Fiasko für beide Seiten. Massive finanzielle Probleme führen die Hannover Scorpions und die Hannover Indians bald zusammen: Kommende Saison treffen sich die beiden Clubs in der Oberliga. Dort eint sie zumindest der Glaube, das richtige Umfeld ohne Druck, Geldsorgen und Insolvenzgefahr finden zu können.

Die Scorpions haben ihre Lizenz für die Deutschte Eishockey-Liga (DEL) nach 17 Jahren verkauft, weil erstklassiges Eishockey in Hannover nicht mehr refinanzierbar war. Klubchef Günter Papenburg bekam für den Platz in der Eliteliga angeblich 1,2 Millionen Euro von den Schwenninger Wild Wings. Der vermögende Bauunternehmer verliert damit einen sportiven Untermieter seiner riesigen TUI-Arena und muss versuchen, mit anderen Veranstaltungen und Konzerten die neuen Lücken im Terminkalender zu schließen.

Sein bisheriger Handlanger will versuchen, den Namen „Hannover Scorpions“ zu retten. „Das Thema Eishockey muss wieder auf die Füße kommen“, findet Marco Stichnoth. Der frühere Geschäftsführer der Scorpions hat im kleinen Ice- und Event-Center – Fassungsvermögen: 1.800 Zuschauer – im benachbarten Langenhagen eine neue Heimat gefunden. Dort sollen die Scorpions unter seiner Regie und mit bescheidenen Mitteln am Leben erhalten werden. Zwei Spielklassen unterhalb der DEL gibt es nur geringe Auflagen, was die Höhe der Vereinsetats und die Größe der Stadien betrifft.

Der Abschied der Scorpions aus der DEL, in der sie vor drei Jahren immerhin noch als Deutscher Meister bejubelt worden waren, gibt allen Kritikern und Nostalgikern Recht. Der Klub hatte in der hannoverschen TUI-Arena immer weniger Zuschauer angelockt und war in der höchsten deutschen Spielklasse zum belächelten Kunstprodukt verkommen. Ob es künftig ohne Mäzen, Sponsoren und großes Tamtam, aber mit Talenten und mehr Herz besser wird, bleibt fraglich.

Diesen Weg gehen die Scorpions, denen ihr bisheriger DEL-Cheftrainer Igor Pavlov tatsächlich auch in der Puck-Provinz erhalten bleibt, nicht exklusiv. Ausgerechnet ein ehemaliger Scorpions-Spieler will als neuer Trainer der Hannover Indians den Beweis antreten, dass der Kampf auf Kufen auch ohne siebenstelligen Etat Spaß machen kann. Peter Willmann ist nach der Insolvenz des an Fans reichen, aber an Sponsoren armen Zweitligisten bemüht, eine günstige Mischung aus Nachwuchs und Routiniers zusammenzustellen. So möchte man in der Oberliga bestehen und gerne auch die Scorpions ärgern.

Die Rivalität zwischen Scorpions und Indians, deren Philosophien grundverschieden sind, könnte ein guter Nährboden für die Oberliga werden. Natürlich haben die Indians schon wieder zwei kanadische Spieler verpflichtet. Ohne solche Könner aus Übersee läuft es im anspruchsvollen Eishockey angeblich nicht. Aber: Transfers wie diese sind meistens auch der Anfang vom nächsten, irgendwann wieder sehr kostspieligen Wettrüsten.  CHRISTIAN OTTO