Zurück in die 50er Jahre

Strafvollzugsbedienstete wehren sich gegen die Pläne von CDU-Justizsenator Roger Kusch, den Strafvollzug durch Landesgesetz zum Verwahrvollzug nach US-Vorbild umzuwandeln

von Kai von Appen

Roger Kusch bleibt seiner Linie treu. Allen fachlichen Ratschlägen zum Trotz führt der CDU-Justizsenator seine Justizpolititik der Härte nach US-Vorbild fort und bringt damit nach Strafverteidigern, Staatsanwälten, Richtern und geschassten KnastleiterInnen nun auch die Strafvollzugsbediensteten gegen sich auf. Sie wollen seinen „populistischen Stammtischforderungen“ den Kampf ansagen und verhindern, dass er den Strafvollzug durch ein eigenes Landesgesetz auf den Kopf stellt.

Kusch macht kein Geheimnis daraus, dass er nach der Föderalismusreform förmlich lechzt. Er hofft, dass dann die Kompetenzen für den Strafvollzug vom Bund an die Länder abgegeben werden. „Das wäre wunderbar, wenn wir selbst über ein Strafvollzugsgesetz bestimmen könnten“, frohlockte Kusch jüngst in einem dpa-Interview. Denn das noch gültige Bundesgesetz beinhalte einen Strafvollzug, der von „vielen Segnungen und der ideologischen Handschrift der 70er Jahre“ durchzogen sei. Resozialisierungsregelungen wie Hafturlaub – „Urlaub wovon eigentlich?“ – sind für ihn „absurd“: „Anspruch auf Urlaub ist für mich ein Arbeitnehmerrecht“, polemisiert er, „dies auf Strafgefangene zu übertragen stellt das gesamte Strafwesen in Frage.“ Dem CDU-Hardliner schwebt hingegen ein Landesgesetz vor, das solchen Ballast nicht, dafür aber abschreckende Verhältnisse und Praktiken wie in den USA enthält. Dadurch sollen Straftäter eine Art „Abneigung vor Hamburg“ entwickeln. Kusch: „Wir wollen es Kriminellen so schwer wie möglich machen, das gilt auch für den Strafvollzug.“

Zunächst hatte sich der Chef der Gewerkschaft der Hamburger Strafvollzugsbediensteten, Klaus Neuenhüsges, offen gegen eine Verlagerung der gesetzlichen Kompetenzen im Strafvollzug auf Landesebene ausgeprochen – dies wäre „ein Rückfall in die Kleinstaaterei“. Resozialisierung bedeutet Sicherheit für die Bevölkerung und auch Sicherheit für Justizbeamte, sagt Neuenhüsges.

Der Bund der Strafvollzugsbediensteten Deutschlands (BSBD) hat inzwischen nachgezogen: „Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass keine vernünftige Alternative zum bundesgesetzlich geregelten Behandlungsvollzug zu erkennen ist“, schreibt der BSBD-Bundesvorsitzende Wolfgang Schröder in einem offenen Brief an den Präses. Ein wie auch immer „verbrämter Verwahrvollzug“ oder die Streichung des Jahresurlaubs nach Paragraph 13 Strafvollzugsgesetz „stellen einen Rückfall in die Zeit vor 1960 dar und widersprechen den verfassungsrechtlichen Vorgaben für einen behandlungsorientierten Strafvollzug“.

Mit seiner unzutreffenden Kritik beschädige Kusch „ein europaweit als vorbildlich anerkanntes Gesetz“ und würdige diejenigen, die durch ihre „belastende, gefährliche und verantwortungsvolle Arbeit den Strafvollzug ausfüllen“, herab. Wer die Vollzugsbediensteten „wieder in die Rolle der Wärter und Schließer zurückdrängt“, droht Schröder, „wird sets auf unseren nachdrücklichen Widerstand stoßen.“