Können Ortsamtsleiter direkt gewählt werden?

Eine Direktwahl würde Verfassungsprobleme aufwerfen, sagt Erich Röper, aber die Ortsamtsleiter könnten der parteipolitisch neutralen Bürgerschaft zugeordnet werden

Nach § 36 Abs. 2 Satz 1 Ortsgesetz über Beiräte und Ortsämter (Beiratsgesetz) beruft der Senat als Dienstvorgesetzter aller öffentlichen Bediensteten (Art. 118 Abs. 2 Satz 1 BremLV) die Ortsamtsleiter haupt- oder ehrenamtlich nach Anhörung der jeweiligen Beiräte. Werden sie hauptamtlich berufen, sind sie Beamte auf Zeit für zehn Jahre, § 6 Abs. 3 Satz 2 BremBG. Für die Anstellung der Ortsamtsleiter entscheidet ausschließlich Eignung und Befähigung nach Maßgabe der Gesetze. Ist gesetzlich nichts anderes bestimmt, finden die Vorschriften für Lebenszeitbeamte entsprechende Anwendung. „Die Festsetzung des Anforderungsprofils erfolgt durch den Dienstherrn, im Rahmen seines personalpolitischen Organisationsermessens, soweit keine zwingenden gesetzlichen Vorschriften bestehen“, so das VG Bremen.

Obwohl ihr Amt mit der Besoldung nach der Endstufe A 14 dem höheren Dienst zugeordnet ist, ist für hauptamtliche Ortsamtsleiter, so das VG Bremen „ein mindestens dreijähriges mit einer Prüfung abgeschlossenes Hochschulstudium und ein Vorbereitungsdienst von zwei Jahren verbunden mit der Laufbahnprüfung für den höheren Dienst oder eine die Befähigung für die Laufbahn vermittelnden zweiten Prüfung“ (§ 21 BremBG) nicht gesetzlich vorgeschrieben. Angesichts der Aufgaben der Ortsämter und Ortsamtsleiter (und ihrer Stellvertreter) geht das Gericht von einem breiten Anforderungsprofil aus. Daher bedürfe es keiner näheren Erläuterung, „dass die… im Rahmen des Ehrenamts als Sprecher des Beirats gewonnenen Erfahrung bei der Bestenauswahl unter den Bewerbern zu werten und zu gewichten sind“. Auch komme es nicht darauf an, „ob ein Bewerber die Anforderungen nahezu aller in der Ausschreibung genannten Merkmale formal erfülle, sondern dass die Qualität, mit der das gesamte Anforderungsprofil von den jeweiligen Bewerbern erfüllt wird, bewertet werden darf und muss“. Das VG macht deutlich, dass Ortsamtsleiter eine Fülle von „soft skills“ zur Bewältigung der nicht nur rechtlichen, sondern auch politischen Aufgaben benötigen. (…)

Angesichts dieser politischen Anforderungen ist die Beiratsbeteiligung an der Auswahl zwingend. Die in § 36 Abs. 2 Satz 1 Beiratsgesetz (bzw. § 36 Abs. 4) vorgeschriebene Anhörung des Beirats soll klären, ob ein Bewerber die Anforderungen an die Leitung des Ortsamts und der Beiratssitzungen erfüllen kann. Das anschließende Votum (§ 6 Abs. 1 Satz 1) ist keine Wahl i. S. von § 15, sondern ein Beschluss gemäß § 14 als fundierte Stellungnahme gegenüber Senat bzw. Innensenator zur Eignung und Befähigung des Ortsamtsleiters oder Stellvertreters. (…)

Problematisch ist die Wahl im Beirat, die der Gesamtbeirat (die Sprecher der 22 Beiräte, § 24 Beiratsgesetz) am 31.1.2006 bei Stimmenthaltung der Grünen forderte; die Funktion des Ortsamtsleiters als Wahlamt zu konzipieren und die Beiräte mit verbindlichem Entscheidungsrecht auszustatten. (…) Wenn Bürgermeister Böhrnsen fordert, ihrem Votum „sei verbindliches Gewicht zu geben“, so entspricht es der „hohen demokratischen Legitimation und klar definierten Mitwirkungsmöglichkeiten [der Beiräte] in den Stadtteilen“, erfordert aber ihre Neukonzeption.

Vorerst ist in der Tat „ihr Votum zu respektieren“, eine politische Bindung von Senat bzw. Innensenator. Im zweiten Schritt könnten sie nach früheren CDU-Vorschlägen der Bürgerschaft zugeordnet werden mit dem politisch heterogenen Parlamentspräsidium als Dienstvorgesetzter der Ortsamtsleiter. Alle weiteren Schritte machen die Beiräte zu Bezirksvertretungen nach Art. 145 Abs. 2 BremLV, eine Entscheidung mit weitreichenden Folgen (VG Bremen, 10.1.2006, Az. 6 V 2545/05).

Prof. Dr. Erich Röper

Die ungekürzte Fassung steht unter www.mehr-dazu.de.