AMERICAN PIE
: Buhlen um den Platzhirsch

BASKETBALL Der vertragsfreie Center Dwight Howard lotet derzeit mit etlichen NBA-Klubs aus, wer ihm die beste Perspektive bieten kann

Das Objekt der Begierde misst 2,11 Meter, bringt 120 Kilo überaus ausdefinierte Muskelmasse auf die Waage und gilt allgemein als bester Basketball-Center, der momentan auf diesem Planeten herumspaziert. Dass Dwight Howard sich demnächst entscheiden möchte, bei welchem Klub er ab der kommenden Spielzeit seine Dienste verrichten wird, ist während der Sommerpause das Thema in der NBA. Vor allem seit Chris Paul, der andere große Name unter den in diesem Sommer verfügbaren Profis, am Montag verkündete, er sehe seine Zukunft in Los Angeles bei den Clippers, die er im der vergangenen Saison nahezu im Alleingang zu einem Spitzenteam beförderte, dreht sich fast alles nur noch um die Frage, wo Howard denn nun landen wird.

Eine Frage, die das 27-jährige Kraftpaket anscheinend nicht nur aus dem Bauch heraus entscheiden möchte. Stattdessen lässt er seit Montag, dem Stichtag, an dem Teams offiziell mit vertragsfreien Spielern verhandeln dürfen, die Vertreter jener Teams in seinem momentanen Wohnsitz Los Angeles antanzen, die bereit und in der Lage sind, ihm demnächst exorbitant viel Geld zu überweisen.

Ein Meeting jagt momentan das nächste. Den Anfang machten die Houston Rockets, die gleich eine ganze Delegation entsandten: Nicht nur Manager Daryl Morey, Besitzer Les Alexander, Trainer Kevin McHale und die Spieler James Harden und Chandler Parsons flogen nach Los Angeles, um Howard zu überzeugen, sondern auch Center-Legende Hakeem Olajuwon, der 1994 und 1995 die beiden einzigen Titel für die Rockets gewann.

Am gestrigen Dienstag standen dann die Dallas Mavericks in Howards Kalender. Auch aus Texas kam eine größere Abordnung angereist, an der Spitze Klubbesitzer Mark Cuban und Dirk Nowitzki. Der deutsche Star des Teams hatte schon in vergangenen Woche den Telefonhörer in die Hand genommen und bei Howard für einen Wechsel zu den Mavericks geworben. „Wir telefonieren nicht jeden Tag“, sagte Nowitzki, „aber ich hab ihn wissen lassen, dass wir ihn sehr gerne hier in Dallas hätten.“

Der gewaltige Aufwand, den die Teams betreiben, erklärt sich durch die Regeln in der NBA, nach der Klubs sogenannten „free agents“, also Spielern ohne gültigen Kontrakt, höchstens Vierjahresverträge über 88 Millionen Dollar anbieten dürfen. Ausnahme ist der Verein, bei dem der Profi zuletzt unter Vertrag stand, diese dürfen auf fünf Jahre verteilt 118 Millionen zahlen. Den Superstars geht es folgerichtig bei den Verhandlungen weniger ums Geld als um die sportlichen Rahmenbedingungen. Deshalb unterschrieb Chris Paul erst bei den Clippers, als klar war, dass die seinen Wunschtrainer Doc Rivers von den Boston Celtics loseisen konnten und ihm genehme Umbaumaßnahmen im Kader versprachen.

Nach den Mavericks durften gestern auch die Los Angeles Lakers noch einmal versuchen, Howard davon zu überzeugen, doch in Kalifornien zu bleiben. Aus dem Umfeld des Spielers verlautete zwar, dass Howard keine große Lust verspürt, nach der desaströs verlaufenen letzten Saison sein Gastspiel in Los Angeles zu verlängern. Das vermeintliche Dream Team um Howard, Kobe Bryant, Pau Gasol und Steve Nash hatte sich als disfunktionale Zickentruppe entpuppt und war sang- und klanglos in der ersten Playoff-Runde ausgeschieden. Vor allem wurde aber auch offensichtlich, dass sich Howard und Platzhirsch Bryant auf dem Spielfeld nicht ergänzen, sondern eher im Weg herumstehen. Nichtsdestotrotz werben die Lakers vehement weiter um Howard und schalteten dazu in ganz Los Angeles riesige Reklameflächen, auf denen sie den Center mit einem einzigen Wort baten zu bleiben: „Stay!“ Howard, so heißt es, wird am 10. Juli verlautbaren lassen, wer die Ehre hat, ihn demnächst zu beschäftigen. THOMAS WINKLER