Immunität von FN-Chefin Marine Le Pen aufgehoben

FRANKREICH Die Politikerin vergleicht muslimische Einwanderung mit der deutschen Nazi-Besatzung

PARIS afp | Die Vorsitzende der rechtsextremen französischen Partei Front National (FN), Marine Le Pen, muss mit einem Strafverfahren wegen islamfeindlicher Äußerungen rechnen. Das Europaparlament hob am Dienstag die Immunität der Europaabgeordneten auf und machte damit den Weg für eine Verfolgung durch die französische Justiz frei. Die Staatsanwaltschaft Lyon droht Le Pen mit einer Anklage wegen „Aufstachelung zum Hass, Diskriminierung und Gewalt gegen eine Gruppe von Personen aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit“.

Hintergrund ist ein Auftritt der 44-jährigen Tochter des FN-Gründers Jean-Marie Le Pen vom Dezember 2010. Vor Parteianhängern hatte sie damals öffentliche Gebete von Muslimen verurteilt und diese mit der Besatzung Frankreichs durch Nazi-Deutschland verglichen. „Sicher geschieht dies ohne Panzer und ohne Soldaten, aber trotzdem ist es eine Besatzung, und betroffen sind die Einwohner“, sagte Le Pen. Die Rede löste in Frankreich große Empörung aus.

Die umstrittene Äußerung Le Pens sei im Rahmen ihres Wahlkampfes für den Vorsitz der FN gefallen und habe ausschließlich die französische Innenpolitik betroffen, stellte das Europaparlament fest. Somit stehe nichts einer Aufhebung der Immunität im Wege. Das Plenum folgte damit einer Empfehlung des Rechtsausschusses.

In ähnlichen Fällen, die Marine Le Pens Vater oder das FN-Mitglied Bruno Gollnisch betrafen, hatte das Europaparlament den Anträgen Frankreichs ebenfalls stattgegeben und den Weg für Ermittlungen frei gemacht. Die Immunität des heute 85-jährigen Jean-Marie Le Pen, der dem Europaparlament seit 1984 angehört, wurde bereits dreimal aufgehoben.

Die Rechtsanwältin Marine Le Pen wurde im Januar 2011 zur Nachfolgerin ihres Vaters an der Spitze des Front National gewählt. Seither bemüht sie sich, mit einem moderaten Auftreten der rechtsextremen Partei ein respektables Image zu verschaffen. Im ersten Durchgang der französischen Präsidentschaftswahl im Frühjahr 2012 erzielte sie mit 20 Prozent der Stimmen für die FN ein Rekordergebnis. Meinungsumfragen zufolge könnte die rechtsextreme Partei ihren Aufstieg im kommenden Jahr bei den Gemeindewahlen und der Europawahl fortsetzen.